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Bachneunaugen – heimliche Sedimentbewohner unserer Gewässer

Diese Wirbeltierwürmer, wie sie landschaftlich auch bezeichnet werden, sind keine echten Fische. Lampetra planeri, so der wissenschaftliche Name in der Nomenklatur, zählt zu den Rundmäulern. Ihr Vorkommen erstreckt sich über ganz Mitteleuropa bis zum südlichen Italien, ausgenommen Spanien. Das 10 bis 20 cm lange, wurmförmige Tier, das am ehesten einem kleinen Aal ähnelt, gehört zu den Kieferlosen und besitzt anstelle eines Kiefers ein rundes Maul mit breiter Oberkieferplatte mit je einem Zahn auf jeder Seite, eine Unterkieferplatte mit 5 bis 9 abgerundeten, gleichgroßen Hornzähnen und eine Mundscheibe mit oberen und randständigen Lippenzähnen. Auf jeder Seite liegen, reihenförmig angeordnet, runde Körperöffnungen. Sieben davon sind Kiemenlöcher, eines ist ein Geruchsorgan und das 9. ein Auge, weshalb das Tier fälschlicherweise den Namen Neunauge trägt.

Lampetra ist an der Oberseite dunkelblau bis dunkelgrün gefärbt, zeigt ein gelbliches Weiß an den Flanken und geht fließend an der Bauchseite in ein reines Weiß über. Der Rundmäuler besitzt zwei Rückenflossen, die bei laichreifen Tieren aneinander stoßen. Hierdurch kann man sie von den sehr ähnlichen Flussneunaugen gut unterscheiden. Das gesellige Bachneunauge lebt in kleinen Gruppen, meidet steinige und schnell fließende Gewässerabschnitte und verträgt keine hohen Temperaturen. Die Tiere sind dämmerungs- und nachtaktiv und leben im adulten Stadium im gleichen Lebensraum wie die Larven. Als erwachsene Tiere nehmen sie keine Nahrung mehr zu sich, weshalb auch der Darm seine Funktion verliert. Während der Laichzeit färben sich Mund und beim Weibchen auch die stark geschwollene Afteröffnung rostrot. Im März bis Juni laichen die Bachneunaugen an flachen Stellen auf sandig-kiesigem Untergrund mit lockerem Lückensystem in Paarungsgruppen ab. Dabei schlagen die erwachsenen Männchen mit ihrem Schwanz eine so genannte Laichgrube in den sandigen Kies. Auch saugen sie sich mit ihrem Maul an Steinchen fest und wälzen sie hinaus. Oft schließen sich bis zu zehn Tiere zu einem so genannten Lampretenzopf zusammen und laichen geschlossen im Schwarm. Die Weibchen saugen sich während des Laichvorganges an einem Stein fest, das Männchen saugt sich seinerseits nicht selten am Nacken des Weibchens fest, um dann sein Schwanzende in einer halben Windung um die Unterseite des Weibchens zu schlagen. So werden die vom Weibchen abgegebenen Eier vom Männchen befruchtet. Die Besamung erfolgt äußerlich und nach einer Pause von wenigen Minuten wird das Weibchen nacheinander von mehreren Männchen umschlungen. Jedes Weibchen kann bis zu 1500 Eier ablegen. Die Fortpflanzung findet ausschließlich an sonnigen Tagen statt. Nach der Eiablage und Besamung sterben die Elterntiere nach einigen Tagen ab.

Bei Temperaturen von etwa 9 Grad Celsius schlüpfen die Larven nach etwa 10 bis 20 Tagen. Die Entwicklung der Larven und das Larvenstadium als solches stellt eine Besonderheit dieser Tiere dar und ist wahrscheinlich von der Wassertemperatur und der Gewässerbeschaffenheit abhängig. Die geschlüpften Larven suchen ruhige Gewässerzonen auf und graben sich dort im Feinsediment ein. Die Larven benötigen einen sandigen bis schlammigen Untergrund als Lebensraum. Die meiste Zeit ihres Lebens verbringen die Bachneunaugen als Larvenstadium. Diese so genannten Querder, wie die Neunaugenlarven genannt werden,leben 3 bis 6 Jahre im Detritussediment verborgen, wobei das Maul etwas in die Wasserströmung ragt, um Schwebeteilchen wie Algen, Mikroorganismen und Insektenlarven aus dem Wasser zu filtrieren. Die Larven des Bachneunauges besitzen keine Augen und sind zahnlos. Mit dem Ende der Larvenphase findet eine Metamorphose statt und die Querder verwandeln sich in erwachsene Bachneunaugen, wobei die Umwandlung fast bis zu einem Jahr dauern kann und sich die Geschlechtsorgane und Augen bilden. Der Darm degeneriert, da sie keine Nahrung mehr aufnehmen und der Körperbau in diesem adulten Stadium richtet sich voll auf die Fortpflanzung aus. Die Metamorphose beginnt gegen Ende Juni und dauert bis zum darauffolgenden Frühjahr. Nach der Umwandlung der Querder zum adulten Fisch zeigen sie nach einer kurzen Pause einen schwachen Wandertrieb zu den Laichplätzen im gleichen Bezirk und der Kreislauf beginnt von Neuem.

Auch wenn die Bachneunaugen die meiste Zeit ihres Lebens im Verborgenen leben, so werden doch immer wieder einige Exemplare beim Elektrofischen zur Bestandsaufnahme von Fischen in Inn und Salzach gesichtet. Auch wurde schon so mancher Huchen mit der Angel gefangen, dessen Mageninhalt aus erbeuteten Bachneunaugen bestand. Das Bachneunauge, auch kleine Pricke genannt, gilt als stark gefährdete Art und zählt noch heute zu den bedrohten Tierarten. Unangemessene Maßnahmen zur Gewässerhaltung sind verantwortlich für den Rückgang der Art. Dennoch kann an manchen Gewässerabschnitten durch verbesserte Wasserqualität vielfach eine deutliche Erhöhung der Bestände festgestellt werden.

Günter Geiß