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"Steine in Burghausen"

- eine Führung am „Tag der Steine in deutschen Städten“ (Stand 02. 01. 2023)

 1. Einführung:

In dem Buch "Steine in deutschen Städten" [SidS09] werden auf vielen kurzen Rundwegen in verschiedenen Städten die dort verbauten Steine erklärt; es gibt auch einen „Tag der Steine in deutschen Städten“ (Fußnote [1]) , der Mitte Oktober abgehalten wird (siehe dazu auch die Webseite dieses Netzwerkes www.tu-berlin.de/steine-in-der-stadt/). Beides hat diesen Ausflug inspiriert, er mischt geologische mit kulturhistorischen Themen.

Die wichtigsten Steinarten im alten Burghausen sind Kalktuff, Nagelfluh (Foto 1 unten behauene Kalktuffsteine, oben gewachsener Nagelfluhfels), Flusskiesel, Kalkstein = „Kalkmarmor“ (Foto 2), Ziegelsteine; natürlich gibt es auch Findlinge, die hier aber - im Gegensatz zu den Gebieten der nördlichen Vergletscherung - kaum zum Bauen verwendet werden, die anderen Steine sind leicht zugänglich, d.h. entweder lokal vorhanden und/oder leichter bearbeitbar. Abgesehen vom Kalkstein sind dies alles Steine, deren Entstehung bzw. Transport hierher durch die Eiszeiten bedingt ist. Leicht übersehen wird die Verwendung von Kalksteinen, wie man sie etwa in Alz, Inn und Salzach findet, zum Kalkbrennen. Damit wurde einmal Mörtel und dann auch der weiße Kalkputz hergestellt.

Für neue Bauten werden kaum Natursteine an sichtbaren Stellen verwendet, außer etwa in Kirchen. Das große "Romeder-Projekt" gegenüber dem Glöcklhofer hat eine Natursteinfassade aus Jurakalk ("Jura Beige") auch "Juramarmor" genannt; wie auch bei dem im alten Burghausen verwendeten Kalkmarmor handelt es sich nicht um Marmor im petrografischen Sinne, siehe hier im Besichtigungspunkt 2.

Augen auf für „kleine Dinge entdecken“!

2. Station Kalkstein „Kalkmarmor“ (St. Jakob):

Wie überall in der Altstadt und auf der Burg ist auch hier der dominante Stein der Kalktuff. Andererseits gibt es aber auch keinen Ort in Burghausen mit derart vielen Grabplatten und anderen Bauten aus Kalkstein wie die Jakobskirche und der Stadtplatz.
Entstehung:
Kalkstein ist ein Sedimentgestein und entstand hier vor allem im Jura (vor ca. 150- 200 Mio Jahren) und Trias (vor ca. 200 – 250 Mio Jahren), vor allem aus abgestorbenen fossilen Kalk-haltigen Lebewesen; diese Art Kalkstein enthält entsprechend oft Fossilien.
Dieser wertvollste der hier verfügbaren Steine wurde aus ca. 80-100 km Entfernung aus den nördlichen Kalkalpen über die Salzach herantransportiert. Besonders wichtige Fundorte sind der nördliche Untersberg und die Adneter Fundstellen); an einigen Stellen wird er auch heute noch abgebaut, siehe hier Teil 5.
Verwendung:
Der feinteilige Stein ist relativ leicht zu bearbeiten, feine Strukturen können skulpiert werden, er kann oft auch gut poliert werden. Daher rührt der volkstümliche Bezeichnung als Kalkmarmor, Korallenmarmor etc.; Marmor ist aber ein metamorphes und kein Sediment-Gestein. Seit langer Zeit wurde er hier für wertvolle Teile wie Denkmäler, Grabplatten, Brunnen, einige Toreinfassungen verwendet, auf der Burg gibt es auch Treppenstufen.


Beispiele in Burghausen:
Sehr viele Grabplatten aus hellem und rotem Kalkstein („Marmor“) sind im Bereich der Stadtpfarrkirche St. Jakob und hier speziell an der Außenwand zu finden.
Ein interessantes Beispiel für eine "moderne" Überarbeitung (um 1800) einer Grabplatte aus der Renaissancezeit erkennt man beim Vergleich zweier Grabplatten: Eine Platte bei dem kleinen Treppenaufgang zur Kirche vom Stadtplatz aus zeigt Christus am Kreuz, rechts unten kniet ein Mann mit einem Sohn, links unten die Frau, alle Personen in einer Renaissancetracht (Foto 4,Fußnote [2]); die zweite Grabplatte rechts vom hinteren Turmeingang zeigt ebenso Kreuz mit Vater und Mutter in Renaissancekleidung, einen weiteren Mann aber in Empire/Biedermeiertracht bei der Frau, also auf der falschen Seite (!); das Kreuz oberhalb seines Kopfes ist nicht erhaben - wie bei den anderen Personen - sondern eingemeiselt (Foto 3, Fußnote [3]).
Hier wurde im zweiten Fall um 1800 offensichtlich eine ca. 200 Jahre alte Grabplatte wie die erste verwendet - allerdings mit einem Mann auf der Seite der Frau; die ursprüngliche Frauentracht mit weit hinunterfallendem Rock hat wahrscheinlich besser als die Renaissance-Männertracht die Darstellung eines weit hinunterfallenden Gehrockes des Empire/Biedermeiermannes erlaubt; und da ursprünglich eine Tochter, also kleiner als die Mutter, war auch oberhalb des Kopfes kein „Fleisch“ mehr vorhanden, aus dem man das Kreuz hätte erhaben formen können.

Eine größere, wertvollere Renaissance-Grabplatte am Kirchenchor mit Kreuz, Stadt und Hügelansicht, Vater und sieben Söhnen links und drei Frauen mit zwei Töchtern rechts (Fußnote [4]). Kreuze auf den Köpfen zeigen zum Zeitpunkt der Herstellung verstorbene Ehefrauen und Kinder, hier Töchter und Söhne natürlich auf der "richtigen" Seite. Der Vater war ein einflussreicher Burghauser Bürger, der sich eine teure, erhabene Schrift auf der großen Grabplatte leisten konnte. Das große Schriftfeld ist mit einem für die Renaissance typischen Rollwerkrahmen umgeben, wie wir ihn auch auf mehreren anderen Grabplatten an der Kirche sehen. Durch den Vergleich der Wappen bei den Müttern und den Kindern kann man die verwandtschaftlichen Verhältnisse verstehen.

An der Mauer gegenüber der überarbeiteten Grabplatte am Kirchenturm befindet sich eine romanische Lammskulptur in der Mauer des ehemaligen Friedhofes (Foto 5). Dieses und ein ähnliches Lamm in der Kirche stammen von der Vorgängerkirche (2. Hälfte 14. JH) und sind damit vielleicht die ältesten Steinskulpturen Burghausens.

Andere Beispiele: Adneter Korallenkalk wurde etwa in der Klosterkirche Raitenhaslach für Weihwasserbecken verwendet, am Stadtplatz gibt es Toreinrahmungen und Brunnen aus Kalk“marmor“. 

Mühlstein aus Nagelfluh: An der Turmaußenmauer wurde in Richtung zur Burg ein Mühlstein aus Nagelfluh abgelegt; er tauchte bei den Renovierungsarbeiten des Pfarrhauses 2013 auf und wurde dort anscheinend zweckentfremdet zum Auffüllen eines Loches verwendet. Mehr zum Nagelfluh weiter unten.

Geotope aus Kalkstein:

Natürlich zählen Denkmale nicht zu Geotopen, es gibt aber auch Kalksteingeotope weitab der nördlichen Kalkalpen, nämlich vieleFindlinge, z.B. den großen "Bitterstein" bei Pierling im Landkreis Traunstein, der einen guten Teil seines Volumens an eine Kalkbrennerei in Dieperting, wenige Kilometer nordöstlich, verloren hat. Diese Kalkbrennerei hat in den letzten Jahren wieder zu brennen begonnen, natürlich nicht Kalk aus dem geschützten Findling! Der größte Findling in Deutschland, vielleicht sogar von Mitteleuropa liegt übrigens im Landkreis Lindau, ist ein Dolomit-Stein und wurde lange als Steinbruch genutzt, auch zur Kalkbrennerei.

[1] Siehe dazu auch die Webseite dieses Netzwerkes www.tu-berlin.de/steine-in-der-stadt/

[2] Grabplatte S. 214 (1586 etwa, Inschrift S. 91 mit Versehen des Steinmetzen „annor“ und zweimal richtig „anno etc.“). Roter Marmor, Philipp Moosdorfer (gest. 1585), Burghauser Bürger und Stadtrat [JD81]

[3] Grabplatte S. 283 (etwa 1590, 1801 überarbeitet!, Inschr. S. 218, Baumeister Franz Anton Glonner (gest. 1801)), heller Marmor [JD81]

[4] Grabplatte S. 207 (um 1605 (als die letzte Frau gestorben ist?), Inschr. Nr. 83; ähnlich wie die S. 214 (Rollwerkrahmen für die Inschrift, Kleider, … , Kreuzesdarstellung)) roter Marmor, Wolfgang Kern (gest. 1595), Burghauser Stadtgerichtsverwalter und Bürgermeister, Wappenfries mit den vier Wappen der Eheleute, das linke des Ehemanns wurde ausgewechselt, Stein etwa 15 Jahre vor dem Tod gemacht, Schrift erhaben! [JD81]

 3. Station "Nagelfluh“ (vor der Burg)

Entstehung:
Nagelfluh ist ein Konglomerat, ein mit abgerundeten Kieselsteinen beliebiger Art hochgefülltes Sedimentgestein, wobei speziell bei Nagelfluh das sedimentierte Bindemittel aus Kalk besteht. Wie bei Kalktuff löst saures Regewasser zuerst Kalk beim Durchwandern Kalkstein-haltiger Gerölle; dann kann dieser Kalk wieder ausfallen und bildet eine Art Kitt für das Geröll ("Herrgottsbeton"). Wenn Kalksteine fehlen, kann Kieselsäure den Kitt bilden, z.B. bei den quarzitischen Konglomeraten in den Landkreisen Pfarrkirchen oder Passau. Bei dem hier vorhandenen Nagelfluh findet sich bei den Kieselsteinen das gesamte Spektrum der Alpenbereiche, die die Salzachgletscher berührt haben, allerdings mit einem Schwerpunkt bei Kalk-haltigen Kieselsteinen ("nördliche Kalkalpen").

Nagelfluh findet sich an vielen Schottergebieten vor allem älterer Vergletscherungen in den tief eingeschnittenen Tälern an der Oberkante (Kalktuff findet sich viel tiefer, also nicht im Bereich der Schotterflächen, sondern unterhalb der obersten wasserführenden Schichten, die i.A. in der tertiären Molasse liegen). Neben einigen großen Nagelfluhsteinbrüchen (das größte Abbaugebiet ist vielleicht die Biber bei Brannenburg, südlich von Rosenheim) gibt es viele kleine Steinbrüche, die Bauern gehören und von ihnen vor allem im Winter abgebaut wurden. Eine Steinbruch-Google-Map zeigt völlig unvollständig Ortsangaben von kleinen und mittleren ehemaligen Steinbrüchen im Landkreis AÖ und enger Umgebung.
Der hiesige Nagelfluh ist somit ein relativ junges Gestein (im Bereich von 100 000 Jahre alt), wobei die Gerölle viele 100 Mio Jahre alt sein können.

Verwendung:
Eine exakte Bearbeitung war bei Nagelfluh mit alten Sägen sehr schwer; vor allem harte und größere Steine brachen aus, ….. Deshalb wurden bevorzugt einfache Bauten (Bauernhäuser)  damit hergestellt; wenn die Fugen bei Höfen zwischen den Steinen breit verkalkt sind, dann handelt es sich i.A. um Nagelfluh. Fein gefüllter Nagelfluh eignete sich aber selbst für Mühlsteine, auch manche (gotische) Kirche, wie die in Trostberg, besteht ganz oder teilweise aus für die Kirche gut bearbeitetem Nagelfluh.
Aufgrund obiger Eigenschaften ist er kostengünstiger als Kalktuff, war aber schwerer verarbeitbar.

Beispiele in Burghausen:
Es gibt nicht viele alte Beispiele für die Verwendung von Nagelfluh in Burghausen. An einigen Stellen in der Burg sieht man unten eine oder auch zwei Lagen Nagelfluh; wahrscheinlich stammen diese Nagelfluhsteine vom Ausbau der Gräben vor den verschiedenen Toren. Die meisten (sauber geschnittenen) Nagelfluhmauern, -säulen etc. im Bereich der Burg und der Altstadt sind neu.

Nagelfluhaufschlussunterhalb des Stephansturmes:
Kurz vor dem Stephansturm sieht man einen kleinen, aber beeindruckenden natürlichen Nagelfluhaufschluss, der wie fast überall als Fundament der Burg dient und Kalktuffmauern trägt und hier auch von ihnen unterfangen wird (Foto 8). Hier zeigen sich schön die beiden wichtigsten Steine, eben Nagelfluh und Kalktuff. Direkt rechts daneben hat der halbrunde Zwingerturm aus Kalktuff eine breite Ausbuchtung (Foto 6), die das Schussfeld auf den Stephansturm für eine noch weiter rechts liegende Schießscharte mit abgetreppten Seitenwänden (Foto 8) erweiterte; die Burgherren mussten natürlich immer schon auch Angreifer von der Stadtseite her befürchten.
Weitere Nagelfluhaufschlüsse sieht man am gegenüberliegenden Salzachhochufer oder bei einem Gang entlang des Kreuzpointnersteiges; auch viele ältere Höfe in der Umgebung zeigen Gebäude(teile) aus Nagelfluh, i.A. schon von weitem an den breiten, mit Kalk ausgefugten Bereichen zwischen den eher rundlichen, wenig zugehauenen Steinen.
Kurz nach dem Stephansturm steigt man über einige Stufen aus rotem Adneter-Kalkstein/“Marmor“ (Foto 9), in denen man weiße  Seelilienfossilienteile erkennt, seit etwa 500 Mio Jahren im Wasser lebende, weitverbreitete Tiere. Leider waren diese Stufen etwas abgetreten und wurden 2019 durch neue, exakt geschnittene Nagelfluhstufen ersetzt; für die alten Marmorstufen mit den Fossilien soll ein anderer Platz gesucht werden.


Die letzten Treppenstufen (inzwischen alle! (2019)) bestehen aus mit modernen Sägen fein geschnittenem Nagelfluh.

Nagelfluh Geotope:
Es gibt einige Nagelfluh Geotope im Landkreis Altötting, z.B.
geologische Orgeln bei Garching an der Alz,  die zu den 100 schönsten bayerischen Geotopen gezählt werden,
einenehemaligen Nagelfluhsteinbruch in Unghausen bei Burghausen,
den Kreuzfelsen, einen großen Nagelfluhbrocken, der ganz nahe bei Burghausen von oben in die Salzach gerutscht ist.

Beeindruckend sind auch große Nagelfluhfindlinge wie etwa der Dengelstein bei Kempten, der wahrscheinlich zweitgrößte Findling in Deutschland.

4. Station "Kalktuffstein“ (Burghof)

Entstehung:
Kalktuffstein (Sinterkalk, Travertin) ist ein Sedimentgestein und das jüngste hiesige Gestein; die heute hier genutzten Vorkommen entstanden erst nach der letzten Eiszeit, in den letzten 10 000 Jahren. Mehr zu seiner Entstehung unter der Endnote [8].
Verwendung:
Kalktuff ist ein poröser Stein, ist im feuchten Zustand weich und kann leicht mit Sägen geschnitten werden, auch nicht allzu feine Verzierungen sind möglich. Getrocknet härtet er und ist dann gut belastbar. Die Porosität lässt Grundwasser teils sehr hoch steigen.
Beispiele in Burghausen:
In Burghausen und angrenzenden Gemeinden sind fast alle historischen Gebäude (Altstadt, Kirchen, Burg, Kloster) aus Kalktuff gebaut; eine der wenigen Stellen, an denen auf der Burg auch Nagelfluh verbaut wurde, zeigt Foto 12, am Haupttor.
Betritt man den inneren Hof der Hauptburg durch das „St. Elsbethentor“ mit dem Schacht für ein Fallgitter, sieht man auf der rechten Seite eine lateinisch beschriftete römische Kalkplatte (Foto 10), die älteste in Burghausen, die unter Herzog Georg dem Reichen um 1480 hier angebracht wurde, wohl um das moderne, humanistische Verständnis des Herzogs zu bezeugen [5].
Der Burghof selbst und große Teile der Wege auf der und zur Burg hin wurden 1969 neu mit Flusskieselsteinen gepflastert. Das große Spektrum dieser Steine und die Schönheit polierter bzw. aufgeschnittener Kiesel zeigt das Büchlein „Salzachkiesel“ [ANL07].
Im Burghof fallen einige zu kleinen Pyramiden aufgeschichtete Kanonenkugeln meist aus Kalkstein auf; diese Kugeln wurden im Mittelalter teilweise wirklich mit Kanonen verschossen [6]. Einige wenige enthalten schöne fossile Muscheln (z.B. Trochactäen) (Foto 11).
Unterschiedlich sorgfältig gefertigte Kalktuffsteinquader weisen bei verschiedenen Burggebäuden auf unterschiedlich gute Kassenlagen hin.

Interessant ist im Burghof auch die Anordnung der drei Angeln bei der Schatzhaustüre: Die beiden äußeren Angeln sind wie normal nach oben, die mittlere Angel nach unten gerichtet. Damit wird verhindert, dass die Türe leicht nach oben aushebelbar ist. Ähnlich sind die drei Angeln beim Tor in der Wöhrseemauer ausgerichtet. Die Jahreszahl oberhalb der Schatzhaustüre weist auf eine ebenfalls interessante Schreibweise der "4" in der Gotik hin, sie wurde oft als eine halbierte "8" geschrieben.

Entlang des Weges durch die Burg zur Hauptburg sind meist links und rechts unterschiedlich hohe Kalktuffmauern, auf der kalkliebende, in Bezug auf Wasser anspruchslose Pflanzen wachsen. Ein besonders schöner Mauerabschnitt befindet sich gegenüber dem Burgkaffee kurz vor der Hauptburg.

Kalktuff-Geotope im Landkreis Altötting:
Es gibt einige Kalktuff-Geotope im Landkreis Altötting, so eine Sinternase (Kalktuffhang) ganz nahe bei Burghausen und einige Sinterterassen bei Burghausen und südlich von Unterhadermark bei Burghausen.

 

[5] 1765 (!) nach München gebracht, 1944 im Krieg zerstört. Jetzt ist hier eine Kopie dieses römischen Grabsteins eines Salzburger Bürgermeisters und seiner Frau aus dem 3. JH. nach Christus.

5. Station "Geologischer Sichtungspfad“

mit einigen Steinquadern hier verwendeter Steine.
Der Geologische Sichtungspfad mit Anfang am Kurfürst-Maximilian-Gymnasium und Ende wenige Meter hinter der „Alten Brücke“ wurde für die Landesgartenschau 2004 angelegt und zeigt noch einige in Burghausen verwendete Bausteine, vor allem Kalksteine.

„Untersberg Marmor“  (Bild 13): Untersberg ist obere Kreide (100 – 70 Mio Jahre); Steinbrüche bei Oberalm (wenige km nördlich Hallein) und Fürstenbrunn am Untersberg (ca. 10 km SW von Salzburg). Ein letzter über die Salzach abgewickelter Großauftrag betraf zwischen 1832 und 1836 ca. 7 000 t für den Bau der Walhalla (Fußnote [7]). Der "Römerstein von Egerdach" entstammt ebenfalls dem schon von den Römern genutzten Marmorvorkommen und wurde in einer kuriosen Aktion im Jahre 2000 entdeckt, geborgen und nach Restauration dort wieder aufgestellt; die Fundstelle zwischen Waging und Traunstein ist einen Ausflug wert!
„Untersberg Brekzie“ aus dem Veitl-Bruch
„Adneter Marmor“  Trias (250 – 200 Mio Jahre), ca. 15 km südlich Salzburg. Dieser rote Marmor gelangte - über die Salzach verschifft - bis nach Wilna (Vilnius) für die dortigen Königsgräber [7]. Der größte Teil der Wände in der Walhalla ist mit Adneter Marmor ausgekleidet; vier große Säulen, die für die Walhalla bestimmt waren, wurden dort nicht mehr gebraucht und sind heute um die große Fontäne des Schlosses Sansoucis in Potsdam aufgestellt.
„Rauriser Marmor“: 350 mio Jahre; Rauris, echter Marmor.
Lage der Quader vom KuMax aus gesehen:
Beim KuMax:
„Untersberger Rosa“, „Adneter Schnöll Rotgrau“, „UB Hell“
Beim Cafe: „UB Hell“, UB-Naturell“, „Rauriser Grün“, 2* „Rauriser Dunkelblau“
10 m südlich Brücke: „UB Naturell“, “UB Brekzie“, „???“
Noch einige m weiter südlich: Zwei "Nagelfluhblöcke"

Die Steinquader sind in den letzten knapp 10 Jahren verwittert, so dass die Farben deutlich verblasst sind.

[7] Salzach - macht - geschichte, Heinz Wiesbauer und Heinz Dopsch; Salzburg 2007, ISBN 978-3-902582-01-0

Fragen und Verbesserungsvorschläge bitte an
Dr. Ernst-Josef Spindler
Am Pulverturm 19
84489 Burghausen
Tel: 08677 62683
E-Mail: ernst-josef.spindler(at)web.de

 

Literatur:

[ANL07] Bayerische Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege (ANL); 2007, „Salzachkiesel“;

[GM04] Gero Moosleitner, 2004; „Fossilien sammeln im Salzburger Land“; Edition Goldschneck

[JD81] Johann Dorner:  1981, „Die Inschriften der Stadt Burghausen“, Burghauser Geschichtsblätter, 37. Folge

[SidS09] „Steine in deutschen  Städten“, Herausgeber Johannes H. Schroeder, Selbstverlag Geowissenschaftler in Berlin und Brandenburg e.V.

[GSB53] Geschichte der Stadt Burghausen 1861 - 1918,  Ulrich Schmid

 

 

6. Exkurse zu weiteren Themen

Exkurs 1: Findlinge:

Im ehemaligen Bereich jeder Vergletscherung, so auch in Burghausen, gibt es einige große Findlinge, z.B. den Heidenstein auf dem Hechenberg , ein beeindruckender quarzitischer Sandstein aus der Günz- oder Mindeleiszeit, der in drei Teile zerfallen ist und vielleicht von früheren Völkern kultisch genutzt wurde; beim Ausschachten findet man ebenfalls Findlinge. Als Bausteine haben in dieser Gegend Findlinge keine Rolle gespielt, sehr wohl aber im Bereich der skandinavischen Gletscherschilde; so sind viele kleinere und größere Kirchen in Berlin (z.B. die Nikolaikirche) aus gebrochenen Findlingen („Feldsteinen“) gebaut, genau wie auch viele ältere Höfe.

 

Exkurs 2: Warum gibt es kaum eiszeitliche Konglomerate (Nagelfluh) bzw. Kalktuffe im Bereich der skandinavischen Gletscherschilde?

Es fällt auf, dass Kalktuff und Nagelfluh im Bereich der norddeutschen ehemals vergletscherten Gebiete als historischer Baustein nicht vorkommen, umgekehrt gibt es im Norden Findlinge/Feldsteine als Bausteine von Kirchen und sogar einigen Dörfern, im Süden aber nicht. So gibt es in dem Buch [SidS09] Beispiele für die Verwendung von Nagelfluh (aus Brannenburg) und Kalktuff (aus Weilheim) in bayerischen Städten (Augsburg, München, Nürnberg), nicht aber aus norddeutschen; in größerem Umfang wurde etwa Nagelfluh erstmalig im 3. Reich in Berlin verbaut (private Mitteilung Frau Dr. G. Schirmeister).
Der wichtigste Grund ist wohl, dass das für die Bildung von Kalk-haltigem Wasser nötige Kalkgestein in den Geröllen skandinavischer viel seltener vorkommt als in denen der alpinen Gletscher. Den Nordrand der Alpen bilden ja die nördlichen Kalkalpen, und auch Flysch und Helvetikum enthalten Steine mit hohem Kalkanteil.
Ein weiterer Grund ist wahrscheinlich, dass das Voralpengebiet deutlich höher liegt als die nördlichen Ebenen. Deshalb konnten im Bereich der alpinen Endmoränen nacheiszeitliche Flussläufe tiefeingeschnittene Täler bilden, die teilweise tiefer als einige Grundwasser-führende Schichten in der tertiären Molasse liegen; deshalb konnten Kalk-gesättigte Wässer aus diesen Schichten in die Täler austreten und dabei Kalktuffe in großer Mächtigkeit bilden, die dann aber auch direkt abbaubar waren.

 

Exkurs 3: Bausteine aus gebranntem Ton:

Auch im Bereich Burghausen gibt es einige Stellen, an denen sich dickere Lehmschichten abgelagert haben, vor allem als eiszeitliche Ablagerungen; Wind hat den Gesteinsstaub von den Gletschern auf unvergletschertes Gebiet geweht. Diese wurden dann zu Ziegeln, Steinen gebrannt und hier auch verwendet. Eine Ziegelei in Burghausen (südlich der Bachstraße, östlich der Bahnlinie) war die Zieglei "Andreas Friedl, Ziegelei und Sägewerk, Lindach".

 

Exkurs 4: Flußkiesel:

Flußkiesel wurden auch früher für die Bodengestaltung, für Straßen verwendet ("Katzenkopfpflaster"), wie man sie heute noch verbreitet im Bereich der nördlichen Vergletscherung findet (z.B. in Brandenburg). Die Pflasterung im Bereich der Burg und der Altstadt ist allerdings nicht alt, sie stammt aus den 70igern, 80igern des letzten Jahrhunderts. Vorher waren auf der Burg die Wege erdgebundene Feldwege, allerdings wurde bis ins 19. Jahrhundert auch Katzenkopfpflaster aus Flußkieseln verwendet; 1877 etwa wurde das Katzenkopfpflaster in den Grüben und dem Bruckgasserl durch Granitpflaster ersetzt [GSB53].

Flußkiesel wurden auch bei dicken Mauern in der Zweischalentechnik für die Zwischenfüllung eingesetzt, wie man z.B. bei den restaurierten Fundamenten der nahen Ratzlburg (zwischen Hochburg und Braunau) sehen kann. Flusskiesel wurden und werden auch für die Pflasterung von Wegen und Plätzen benutzt.

Einen großen Flusskiesel (im Besitz von Heimatpfleger Wolfgang Hopfgartner), der für das Fundament eines Hauses um 1580 beschriftet worden ist ("G ++ S 158?"), zeigt obiges Bild.

 

Exkurs 5: Kanonenkkugeln:

Kanonenkugeln konnten noch größer sein als die in der Burghauser Burg, etwa die der „Faule Mette“, einer Kanone, die mehr als >8 to wog, erreichten bei Durchmessern bis 76 cm Durchmesser Gewichte über 550 kg! Sie wurde über 2 km weit verschossen, teils in Flachschüssen, um durch Aufpraller noch größere und unkalkulierbare Schäden zu erreichen.

 

Exkurs 6: "Siebsteine/Waschsteine", von Menschen geformt:

Einige der ebenfalls in der Salzach gefundenen "Menschen-gemachten" Steine, wie die sogenannten "Waschsteine", gaben Rätsel auf: Wie der Aufdruck auf einigen Steinen von Heimatpfleger Wolfgang Hopfgartner zeigt, handelt es sich dabei um "Siebsteine" aus gebranntem Ton, speziell der Fa. Lederer & Nessényi in Floridsdorf bei Wien, die 1938 arisiert wurde; sie wurden früher als "Bürstensteine" bezeichnet. Zu den Siebsteinen hier mehr. Die zweite Menschen-gemachte Steinsorte, die in der Salzach gefunden wird, sind Steinplatten, deren eine Oberfläche mit rautenförmigen Ritzungen bearbeitet ist, die wahrscheinlich zum Wäschewaschen verwendet wurden (Waschbrett); Bilder dazu zeigt obige Datei.

 

Exkurs 7: Bildung von Kalk-Tuff und von Nagelfluh:

7.1 Einige einfach verständliche Punkte:

1. Nagelfluh kann in dieser Gegend nur nahe der Oberfläche entstehen, da dort die Kieselsteine der Gletscher abgelagert wurden. Nagelfluhfelsbrocken, die "unten" liegen, z.B. der Kreuzfelsen, sind aus der dort ca. 50 - 80 m höheren Nagelfluhdecke heruntergebrochen, weil die Salzach diese dort "unterspült" hat.

2. Das "Kittmaterial" beim Nagelfluh ist Kalk, der Kalk-Tuff besteht praktisch nur aus Kalk. 

3. Wasser ist umso saurer, je mehr Kohlensäure gelöst ist, d.h. Kohlensäure-reiches Wasser löst mehr Kalk als -armes.

4. Bei Temperaturerhöhung wird Kohlensäure ausgetrieben, d.h. die Lösefähigkeit für Kalk sinkt, Kalk fällt aus. Kohlensäure wird auch ausgetrieben, wenn das Wasser "geschüttelt" wird, wenn es über eine komplexe Oberfläche rinnt, ....

5. Wenn saures Regenwasser durch die Kalkkieselschichten sickert, löst es Kalk auf und sammelt sich als kalkhaltiges Grundwasser (Temperaturbereich ca. 6 Grad Celsius) auf wasserundurchlässigen Schichten, fließt z.B. Richtung Salzachufer und tritt dort an der Oberfläche aus. Vor allem im Sommer erwärmt es sich, Kohlensäure wird ausgetrieben, auch durch das Fließen über Moose etc. und Kalk wird ausgeschieden.

7.2 Bildung von Kalk-Tuff:

Saures Regenwasser löst Kalk in der Form von Calciumhydrogencarbonat, wenn es durch die Kalkstein-haltigen eiszeitlichen Schotterflächen im Voralpenland nach unten sickert; Kalkstein-haltig, weil die gesamten nördlichen Alpenbereiche (Kalkalpen, Flysch, ...) vor allem aus Kalkstein bestehen und die Gletscher zu einem großen Anteil diese Steine zu uns gebracht haben. Da die Gebirge der nördlichen, skandinavischen Vergletscherung kaum Kalksteine aufweisen, gibt es im Bereich der dortigen, ehemaligen Vergletscherung auch kaum Kalktuff (und auch keinen Kalk-gebundenen Nagelfluh).
Regenwasser ist sauer und hat normalerweise einen pH-Wert (Säurewert) von 5 -  5.4, da es in der Luft vorhandenes CO2 gelöst hat. Je kälter Wasser ist, umso mehr CO2 kann gelöst werden und umso saurer ist das Wasser; umgekehrt verliert Wasser CO2 bei Erwärmung, wird also weniger sauer. CO2 sprudelt auch aus, wird weniger, wenn man das Wasser schüttelt, wenn man es versprüht und damit die Oberfläche vergrößert. Damit verändert sich der pH-Wert des Wassers und damit die Fähigkeit, Kalk zu lösen.
Aus dem kalkhaltigen Wasser scheidet sich nun der Kalk aus, "sintert" aus, wenn es in Quellen austritt. Dabei wird das Wasser im Sommer wärmer, es wird beim Fließen über die Steine und Moose geschüttelt, seine Oberfläche wird vergrößert; die Kohlensäure wird dadurch ausgetrieben, der Säuregehalt wird geringer. Dann fällt automatisch Kalk an der Oberfläche von Moosen, Blättern, Steinchen, ... aus und bildet den organisch wirkenden Kalktuff. Kalktuff ist natürlich von vulkanischem Tuffgestein zu unterscheiden.
Wo kann sich Kalktuff bilden? Unter den eiszeitlichen Schotterflächen gibt es in der tertiären Molasse viele übereinander liegende, wassersperrende Schichten. Auf diesen sammelt sich das kalkhaltige Regenwasser nach dem Durchsickern der Schotter und fließt diese entlang. Kommen diese Schichten ins Freie, etwa an den Talhängen tief eingeschnittener Flüsse wie der Salzach zwischen Tittmoning und Burghausen, können sich dort große und über die Jahrtausende mächtige Kalktuffschichten bilden. Die Gesteinsbildung ist auch heute nicht abgeschlossen; die Bildungsrate aber relativ zum Abbau etwa im Mittelalter so gering, dass schon damals die Nutzung beschränkt wurde. Die heute genutzten Tuffsteine stammen alle aus Schichten, die nach der letzten Eiszeit gebildet wurden. Natürlich gibt es wesentlich ältere Kalktuffdecken, die aber in den eiszeitlich geprägten Gebieten oft überschoben wurden.

7.3 Bildung von Nagelfluh:

In Geröllen löst das Porenwasser an einigen Stellen Kalk, teils unter kleinem Druck, an anderen Stellen fällt dieser Kalk wieder aus und verkittet so die Kieselsteine zu Nagelfluh. Der Vorgang wird auch Diagenese genannt.

7.4 Bildung von geologischen Orgeln:

Wenn während der Verkalkung der Kiesschichten an einer Stelle untere Schichten nicht verkalkt sind, sondern das Sickerwasser leicht durchsickern konnte, löste es aus säulenförmigen Bereichen das Kalk aus. Wenn diese sich nach unten entleeren können, entstehen Hohlstrukturen, durch die man in einigen Fällen von unten hoch zum Himmel schauen kann. Wenn der Wind über solche senkrechten Höhlen streicht, können Laute entstehen, deshalb der Name "geologische Orgeln". Ein besonders schönes Beispiel findet sich in Oberschroffen, zwischen Burgkirchen und Garching an der Alz. 

Diese Hohlstrukturen, auch wenn sie nicht säulenförmig sind, sind die Ursache für viele Erdfälle, die natürlich auch im Alpenvorland vorkommen.

 

Exkurs 8: Kalkmörtel, Kalkputz:

Durch das schon seit über 10 000 Jahren bekannte Kalkbrennen wird gelöschter Kalk für Kalkmörtel, Kalkputz gewonnen. Mit diesem wurden einmal Mauersteine verbunden, dann auch wenn gewünscht, mit Kalkputz Wand- und Deckenflächen verputzt. Kalkmörtel ist weniger druckfest als Kalkzementmörtel. Im Bereich der Alpenflüsse (viele Kalksteine, auch von dern Gletschern stammend) gab es viele Kalköfen, z.B. einen renovierten Ofen in Schützing, eine Ruine in Unterhadermark, die 2015/16 gesichert wurde, einen bei Dieperting,  ... Im Bereich der Alpengletscher wurden auch Kalksteinfindlinge zum Brennen verwendet, z.B. der Findling "Bitterstein" bei Pierling, Traunreut. Die Hartstein-Findlinge im Bereich der skandinavischen Gletscher wurden zwar nicht zum Kalkbrennen benutzt, da sie ja nicht aus Kalk bestehen, sondern zerlegt, um daraus große Granitschalen etc. zu formen, wie eine etwa im Lustgarten vor dem "Altes Museum" in Berlin steht, die weltweit größte aus einem Stein gefertigte Schale.