Der Kammmolch, ein Wasserdrache mit Rückenkamm
Der Kammmolch ist ein wahrer Riese unter den heimischen Molchen und liebt fischfreie Gewässer mit reichem Unterwasserbewuchs.
Unter dem lateinischen Namen Triturus cristatus ordnete Laurenti 1768 den Kammmolch in die wissenschaftliche Nomenklatur ein. Der Kammmolch besiedelt das mittlere und südliche Europa von Westfrankreich bis Westasien, wo er in verschiedenen Arten vorkommt, die untereinander auch hybridisieren können. In Deutschland lebt meist der nördliche Teichmolch Triturus cristatus cristatus nahezu flächendeckend mit einigen regionalen Lücken. In den letzten Jahren ist die Amphibie aber selten geworden.
Die Landschaftsverbände Traunstein und Altötting haben deshalb im Verbund einen kleinen Weiher in der Nähe der B 20, etwa auf Höhe von Schützing, renaturiert. Der Weiher ist nur einen Meter tief und für eine optimale Entwicklung für den Kammmolchnachwuchs geeignet, da sich das Wasser schnell erwärmt. Mittlerweile stehen dort schon wieder viele Wasserpflanzen und auch Molche sollen schon in dem kleinen Gewässer gesichtet worden sein.
Der Kammmolch hat einen ebenso langen oder auch einen etwas längeren Kopf als breit mit vorn abgerundeter Schnauze. Eine Kehlfalte ist vorhanden. Er hat einen langgestreckten und kräftigen Rumpf. Sein Schwanz ist seitlich abgeflacht und der Rückenkamm der Molche ist in der Hochzeitstracht stark gezipfelt und deutlich vom Schwanzkamm getrennt. Beim Weibchen tritt ein Kamm nur auf dem Schwanz auf. Die Molche haben kräftige Beine mit langen nicht durch Spannhäute verbundenen Zehen. Ihre Haut ist rau, warzig oder körnig und ist auch während des Aufenthaltes an Land feucht. Ihr Rücken ist grau bis schwarzbraun mit oder ohne dunkle Flecken und die Flanken sind mit hellen Tüpfelchen übersät, am Übergang zur Bauchseite weißlich granuliert. Ihre Bauchfläche ist gelb oder orange mit schwarzen Flecken, an denen sich die verschiedenen Tiere voneinander unterscheiden lassen. Beim Weibchen setzt sich die orange Bauchfärbung über die Kloake auf der Schwanzkante fort. Die Kehle ist dunkel und hell gesprenkelt. Beim Männchen erstreckt sich je ein perlmutt-silbriges Längsband seitlich am Schwanz und es hat eine stärker gewölbte schwarze Kloake. Die Männchen werden bis 18 cm, die Weibchen maximal 20 cm lang.
Die Wassertracht der Männchen wird im Spätsommer weitgehend zurückgebildet zu einer unscheinbaren Landtracht. Im Frühjahr begegnet man den Molchen in Teichen, Gräben und anderen klaren stehenden und pflanzenreichen Gewässern. Sie lieben dauerhaft wasserführende, leicht eutrophe Kleingewässer und Teiche, die der Sonnenstrahlung ausgesetzt sind und über eine Freiwasserzone und eine reich verkrautete Unterwasservegetation verfügen. Das Umfeld muss einen geeigneten Lebensraum bieten, mit Büschen durchsetztes Grünland, Niedermoore, Uferrandstreifen und Hecken. Im Hochsommer leben die Molche an Land, wo sie unter Steinen und Totholz Schutz suchen. Man findet sie auch zwischen Sumpfpflanzen wo einige den Winter verbringen. Manche überwintern auch im Wasser und im Schlamm. Einige Exemplare können sich das ganze Jahr über im Wasser aufhalten. So lange sie im Wasser leben sind sie tagaktiv aber nachdem sie das Wasser verlassen haben verlegen sie ihre Aktivität in die Dunkelheit.
Die Kammmolche setzen zur Abwehr von Feinden die Schreckstellung ein. Der Schwanz wird eingerollt und der Körper gekrümmt und die orangefarbene Unterseite gezeigt. Sie sondern auch ein milchiges säuerlich riechendes Hautsekret ab, das beim Menschen Schleimhautverätzungen hervor ruft. Nimmt man die Molche in die Hand, so kann man gelegentlich Laute wahrnehmen, die einem Quietschen oder Knacken ähneln.
Im Wasser fressen die Kammmolche Wasser bewohnende Insektenlarven, Krebstierchen, verschiedene Egel, Würmer, kleinste Fische, Kaulquappen und Froschlaich. Während ihres Aufenthaltes an Land nehmen sie Regenwürmer und andere Kleintiere. Manchmal erbeuten sie sogar einen kleinen Verwandten der Teichmolche. Die Nahrung wird im Ganzen verschluckt. Die Molchslarven ernähren sich von Kleinkrebschen, Hüpferlingen, Wasserflöhen und Insektenlarven.
Im Frühjahr, zu Beginn der frostfreien Witterung wandern die Kammmolche aus ihren Winterquartieren nachts zu ihren Fortpflanzungsgewässern und bilden oft große Laichgesellschaften. Während der Laichzeit April/Mai besetzen die Männchen bestimmte Balzplätze, die sie gegen andere Männchen mit Drohgebärden verteidigen indem sie mit dem Schwanz wedeln, um ihren Nebenbuhler aus dem Feld zu schlagen. Die Paarungsrituale der Molche sind eher kompliziert. Das Männchen biegt seinen Körper um die Kopfregion des Weibchens, macht dabei einen Katzenbuckel mit wellenförmiger Schwanzbewegung und schlägt kräftig mit dem Schwanz in Richtung Weibchen. Dabei fächert es ihr Feromone zu und berührt ihren Kopf und ihre Flanken. Hat das Weibchen Interesse an seinem Partner, bewegt es sich auf ihn zu. Darauf hin dreht er sich und hebt den Schwanz so, dass er dem Weibchen die geöffnete Kloake zeigt. Anschließend entfernt sich das Männchen vom Weibchen, welches ihm folgt und schließlich mit ihrer Schnauze dessen Schwanzunterseite berührt. Das ist das Signal für das Männchen, sein Samenpaket abzusetzen. Es marschiert aber weiter bis sich die Kloakenregion des Weibchens über dem Samenpaket befindet. Durch Schubsen und Schwanzschläge wird das Weibchen vom Männchen zurückgedrängt, um die Spermatophorenaufnahme durch die Kloake des Weibchens zu ermöglichen. Die Zeit der Eiablage dauert recht lange, wobei das Weibchen 200 bis 300 gelblichweiße etwa zwei Millimeter große Eier an Wasserpflanzen heftet. Um diese vor Fressfeinden zu schützen, faltet es die Blätter über den Eiern zusammen. Die Elterntiere bleiben fünf bis sechs Monate in ihrem Laichgewässer und suchen sich anschließend sehr nahe Sommerquartiere. Die geschlüpften, etwa ein Zentimeter langen Larven, wachsen in ihrer etwa drei bis vier monatigen Entwicklungszeit bis auf acht Zentimeter heran. Sie tragen dann einen fast vollständig ausgebildeten Rücken- und Schwanzkamm und einen sehr langen zugespitzten Schwanz. Die anfänglich gelblichen Larven werden später braun bis grau und weisen unregelmäßige kleine dunkle Flecken auf. Zuerst entstehen die vorderen und später die hinteren Gliedmaßen. Die Larven halten sich mehr schwimmend im Freiwasser auf und weniger am Gewässerboden. Spät entwickelte Larven überwintern manchmal im Gewässer. Manchmal gelangen die Larven überhaupt nicht zur Metamorphose, behalten ihre Kiemenbüschel und verbringen ihr gesamtes Leben im Wasser. Im Herbst ist die Metamorphose abgeschlossen und die an Land gehenden kleinen Molche suchen sich einen Überwinterungsplatz an Land. Manche überwintern im Wasser und verlassen es erst im zweiten Lebensjahr. Die jungen Molche werden nach zwei bis drei Jahren geschlechtsreif, beteiligen sich aber manchmal schon an den Frühjahrswanderungen.
Die Kammmolche werden im Durchschnitt drei bis acht Jahre alt, können aber auch 18 Jahre erreichen. In der Roten Liste der Tier- und Pflanzenarten Bayerns steht der Kammmolch als stark gefährdet.
Günter Geiß