Wenn der Moorfrosch blau macht
Moorlandschaften wie Weidmoos sind ideale Lebensräume für Amphibien wie Moorfrösche.
Rana arvalis, unter diesem lateinischen Namen ordnete Naturforscher Nilsson 1842 den Moorfrosch in die wissenschaftliche Nomenklatur ein. Moorfrösche leben vom westlichen Mitteleuropa bis Sibirien in mehreren Unterarten in unzusammenhängenden einzelnen Vorkommensgebieten. In Süddeutschland und Oberösterreich ist die Nominatform Rana arvalis arvalis und die Unterart Rana arvalis wolfertstorffi bis zu den Alpen, aber nur sehr lückenhaft vertreten.
Im Zuge der Renaturierung im Weidmoos und der umliegenden Moorgebiete der Innviertler Seenplatte entstanden durch Grabenversperrungen strukturreiche Stillgewässer, die einen faszinierenden Lebensraum für Amphibien wie dem Moorfrosch bieten. Zu Beginn des Wanderweges in Weidmoos neben den alten Schienen des Schmalspurboggerls trifft man auf eine ehemalige renovierte Arbeiterhütte. In dem unmittelbar daneben liegenden Graben, der mit bräunlichem Moorwasser gefüllt ist, kann man im Frühjahr neben anderen Froschlurchen auch Moorfrösche beobachten, die dort ideale Laichmöglichkeiten finden.
Auf den ersten Blick ähnelt der Moorfrosch dem weit verbreiteten Grasfrosch. Aber zur Balzzeit ist der Moorfrosch ein Blauer unter den Braunfröschen. Seine Kopfrumpflänge beträgt etwa 5 bis 6 cm, selten bis 8 cm. Er hat eine spitz zulaufende kurze Schnauze, zwei lange Reihen erhöhter Drüsen längs des Rückens und einen hochgewölbten großen und harten Fersenhöcker am Fuß. Legt man das ziemlich kurze hintere Bein des zierlichen Frosches längs der Flanken nach vorne um, reicht dieses beim Männchen nicht ganz bis zur Schnauzenspitze, beim Weibchen nur bis zum Auge. Die Spannhäute lassen die Zehenspitzen frei. Die Männchen besitzen eine innere Schallblase, so dass ihre Paarungsrufe mehr dem Blubbern von Luftblasen im Wasser ähneln. Die Frösche sind auf dem Rücken grünlich, hellbraun oder rotbraun gefärbt und tragen fast immer einen hellen Längsstreifen auf der Rückenmitte, der dunkel gesäumt ist. Das Schläfenband, auch Räubermaske genannt, ist dunkelbraun oder schwarz und sein Trommelfell, das etwa zweidrittel des Augendurchmessers entspricht, befindet sich innerhalb des Schläfenflecks und weit vom Auge entfernt. Die Pupillen stehen waagrecht und an den Flanken finden sich große, fast schwarz marmorierte Flecken. Die weißlich-gelbe Unterseite ist mit kleinen Flecken übersät.
Als Lebensraum bevorzugen die Moorfrösche offenes Gelände im Flachland mit hohem Grundwasserstand, Überschwemmungsgebiete, feuchte Wiesen, sumpfiges Grünland, Moore und Auwälder. Durch die sehr kontrastreiche und variable Färbung sind die Frösche im Laub und auf dem Waldboden kaum zu entdecken. Sie sind vor allem während der Dämmerung und in der Nacht aktiv, Jungtiere aber auch am Tage wenn sie Jagd auf Insekten und Würmern machen. Die Nahrung der Moorfrösche besteht meist aus Käfern, Heuschrecken, Spinnen, Schnecken und anderen Wirbellosen. Zwischen März und April beenden sie ihre Winterruhe und finden sich an den Fortpflanzungsgewässern ein, wobei zuerst die Männchen geeignete Laichhabitate besetzen und dann erst die Weibchen nachkommen. Bevorzugt werden fischfreie, teilweise verkrautete, mit Seggen oder Wollgras bewachsene Laichgewässer, deren pH-Wert nicht unter 4,5 sinken darf, da sonst der Laich verpilzen kann. Während der Paarungszeit erscheint die Haut des Männchens entweder nur an einigen Körperpartien oder an der gesamten Oberfläche blau-violett bis intensiv himmelblau. Durch hormonelle Veränderungen speichern die Moorfrösche unter der Haut Flüssigkeit, die dann aufschwemmt und durch Lichtbrechung ein leuchtend blaues Prachtkleid erscheinen lässt, das den Weibchen Stärke und Vitalität signalisieren soll. Die Paarungsrufe der Männchen ähneln einem leisen Glucksen wie „uog…uog…uog“. Die Tiere sammeln sich an bestimmten flachen Stellen und bilden gemeinsame Chöre, wobei die Rufe tagsüber bei Sonne wie auch nachts zu hören sind. Ende März, Anfang April legen die Weibchen etwa 500 bis 3000 Eier in einer Wassertiefe von etwa 10 bis 30 cm meist über Unterwasserpflanzen in Laichballen ab. Diese bleiben ohne aufzuschwimmen auf dem Boden des Gewässers liegen wobei die Gallerthüllen noch auf etwa 6 bis 8 mm Durchmesser aufquellen. Die 1,5 bis 2 mm großen dunkel- bis graubraun gefärbten Eier tragen unterseits einen hellen abgegrenzten Fleck. Jedes Weibchen legt nur einen Laichballen ab. Der Schlupf der Larven erfolgt nach etwa 1 bis 2 Wochen. Die schwarzbräunlich bis goldgelb schimmernden Larven sind metallisch gepunktet und ihr Bauch ist kupfern gesprenkelt. Der Ruderschwanz der älteren Kaulquappen ist etwa eineinhalb mal so lang wie der Rumpf und endet spitz. Die Nahrung der Kaulquappen besteht aus Algen, Pflanzenresten und aus tierischen Kleinstlebewesen. Die Larven werden etwa 40 bis 45 mm lang, bis sie sich zwischen Juni und August zum Landtier umwandeln. Nach dem Ablaichen verlassen die Weibchen nach ein paar Tagen das Wasser und siedeln in ihre Sommerreviere, während die Männchen noch etwa einen Monat im Wasser bleiben. Den Sommer über verbringen die Alt- und Jungfrösche an Land, wo sie auch zum Überwintern Gehölzbiotope und Verstecke im Moos aufsuchen. Seltener wandern einige wieder zum Gewässer zurück, wo sie auf dem Grund ihre Winterruhe verbringen.
Der Moorfrosch kann leicht mit dem Grasfrosch verwechselt werden, der aber eine stumpfe Schnauze aufweist. Der ähnliche Springfrosch hat dagegen längere Hinterbeine. Unverkennbar und einmalig unter den Braunfröschen ist die Blaufärbung der Moorfroschmännchen während der Balzzeit. Die Moorfrösche, die etwa 10 Jahre alt werden können, werden in Deutschland und in Österreich in der Roten Liste als gefährdet und stark bedroht eingestuft und sind europaweit durch die FFH-Richtlinie geschützt.
Günter Geiß