Süßwasserschwämme im Marktler Badesee
Süßwasserschwämme wachsen wie Pflanzen, sind meist grün und werden auch als „Korallen des Nordens“ bezeichnet.
Der geweihartige Süßwasserschwamm, der in der Marktler Badelacke gar nicht so selten vorkommt, trägt den lateinischen Namen Spongilla lacustris und ist unter dem Tierstamm der Schwämme eingeordnet. Dieser Schwamm wird in der Regel etwa 20 cm groß, in Ausnahmefällen bis 1 m. Er kann durch Dauerstadien Trockenphasen gut überstehen, stellt aber an die Wasserqualität große Ansprüche und zeigt durch sein Vorhandensein optimale Gewässergüte an. Bei den Schwammkolonien handelt es sich um festsitzende Tiere, die als Unterlage versunkene Äste, Holzpfähle oder Steine benötigen. Sie siedeln bereits knapp unter der Wasseroberfläche, auch unter Überhängen in schattigen Bereichen, wo die Farbe durch verschiedene Einlagerungen von weißgrau über rötlich, graugelb bis graubraun variieren kann. Erreicht einen Schwamm für längere Zeit das Sonnenlicht, erscheint er grün, da sich in der Schwammoberfläche Grünalgen einnisten, die mit dem Schwamm in Symbiose leben. Die Algen werden stets mit frischem Wasser versorgt und genießen den Schutz vor Fressfeinden. Der Schwamm erhält als Gegenleistung von den Algen Sauerstoff und Nahrung. Bei uns gibt es nur wenige Arten, die kissenartige Polster oder ebene Krusten bilden, auf denen sich kleine Höcker, Poren und Rippen abheben. In der Marktler Badelacke dominiert ein kräftig grüner Schwamm mit auffälligen Finger- oder Geweihstrukturen, der nur im Sommer bei guten Bedingungen wächst. Das Skelett des Fingerschwammes besteht aus einer sehr widerstandsfähigen Eiweißverbindung, die von vielen kleinsten Kieselsäurekristallen und –Nadeln zusammengehalten werden. In den Schwämmen, die auf einer sehr primitiven Entwicklungsstufe stehen, sind verschiedene Zelltypen mit unterschiedlichsten Funktionen angesiedelt. Zusammen bilden sie innerhalb des labyrinthartigen Skelettgerüstes ein lockeres Gewebe. Diese Geweihschwämme haben keine Augen, besitzen keine Nerven oder Sinnesorgane. Es gibt kein Hinten oder Vorn und es fehlt eine klar definierte Form.
Süßwasserschwämme sind biologische Superfilter, die zur Selbstreinigung der Gewässer beitragen. Das Wasser wird durch zahlreiche winzige Poren in der Außenhülle der Schwämme eingesaugt, wobei der Sauerstoff in den labyrinthartigen Gängen aufgenommen wird. Die Wasserströmung im Inneren des Tieres wird durch große Geiselzellen und durch tausende kleiner kugelförmiger Kragengeisel-Zellen, die in Gruppen im Kanalsystem angeordnet sind, erzeugt. Aus dem durchströmenden Wasser werden winzige Partikel wie Bakterien und Viren, aber auch kleine Einzeller herausfiltriert. Das gereinigt Wasser wird durch dickere Sammelkanäle wieder herausgepresst. Die herausfiltrierte Nahrung gelangt mit der Wasserströmung in das verästelte Porensystem, wird von freibeweglichen Fresszellen im Schwamminneren aufgenommen und an die übrigen Stellen verteilt, die nicht selbstständig fressen können.
Schwämme sind getrenntgeschlechtlich, wobei beide Geschlechter gleich aussehen. Man findet sie am ehesten von Mai bis September. Im Sommer werden im Innern der Männchen Spermien gebildet und aus dem Schwamm ausgestoßen. Mit dem eingesaugten Wasser der weiblichen Schwämme gelangen sie zu den Eiern in ihrem Inneren. Aus den befruchteten Eiern entwickeln sich im „Mutterschwamm“ bewimperte, etwa 0,3 bis bis 0,5 mm große Larven, die den Schwamm verlassen und sich nach kurzer Zeit auf einer geeigneten Unterlage festsetzen und nach wenigen Tagen zu einem neuen Schwamm heranwachsen. Die sexuelle Vermehrung scheint bei Spongilla lacustris aber nur von untergeordneter Bedeutung zu sein, denn die vegetative Vermehrung über Winterstadien verläuft weitaus erfolgreicher.
Im Herbst sterben und zerfallen die Schwämme, wobei meist nur die kugeligen, rotgelben Winterstadien, sogenannte Gemmulae, übrig bleiben. Diese enthalten Stammzellen, die von einer derben Schale umhüllt sind und als einzige den Winter überleben. Wenn im Frühjahr die Wassertemperatur wieder ansteigt, öffnet sich die Schale der stecknadelgroßen Kapseln und die Stammzellen entwickeln sich zu verschiedenen Zelltypen, die dann gemeinsam wieder zu einem neuen Schwamm fusionieren.
Der Flachwassertaucher, der mit Brille und Schnorchel das sonnenbeschienene Nordufer des Marktler Badesees unter Wasser erkundet, kann gar nicht so selten auf versunkenen Ästen, die kräftig-grünen, fingerartig verzweigten Geweihschwämme entdecken. Solange die Wasserqualität in Ordnung ist, sind die bastartigen, geweihbildenden Tiere nicht gefährdet.
Günter Geiß