Die Flussbarbe, ein Wanderfisch der Salzach
Barbus barbus, mit diesem Namen hat Linne 1758 unsere Barbe in die Nomenklatur aufgenommen. In Meyers Konversationslexikon von 1867 wird die Flussbarbe mit dem Namen Barbus fluviatilis, Cuv. bezeichnet. Dieser Literatur ist zu entnehmen, dass der Fisch 3 Fuß lang und 18 Pfund schwer wird, meist aber weniger. In der heutigen Bestimmungsliteratur wird die durchschnittliche Größe zwischen 30 cm und 70 cm angegeben, maximal 90 cm. Sie wird bis zu 8,5 Kg schwer und hat eine Lebenserwartung von 10 bis 15 Jahren.
Unsere Fließgewässer im Landkreis bieten der Barbe besten Lebensraum, wobei der Fisch in der Salzach seinen angeborenen Wandertrieb voll ausleben kann, da der Fluss in Bayern noch unverbaut ist. Der karpfenverwandte, kraftvolle Strömungsfisch hat einen langgestreckten, schlanken Körper, sein Bauch ist abgeflacht und der Rücken kaum gewölbt. Seine rüsselartig verlängerte Schnauze mit wulstigen Lippen ist stark unterständig und trägt 2 Paar Barteln am Oberlippenrand. Seine großen Flossen sind kurz und abgerundet. Der längste Stachelstrahl der Rückenflosse ist stark verknöchert und an der Hinterseite gezähnt. Die Afterflosse sowie der untere Teil der gegabelten Schwanzflosse kann rötlich sein. Seine Rückenflosse und der obere Teil der Schwanzflosse sind graugrün, die Bauch- und Brustflossen orangegelb und die Färbung des Rückens braungrün bis schwärzlichgrün. Die Flanken hellen auf, grünlich bis graugelb oder goldgelb schimmernd. Seine Schlundzähne sind hakenförmig. Die großen Flossen und der langgestreckte, pfeilartige Körper ermöglichen es dem Fisch, in strömungsreichen Gewässern schnell und präzise zu manövrieren. Die typische Keilform erlaubt es, sich auch in der stärksten Strömung am Grund zu halten, ohne dabei viel Kraft aufwenden zu müssen. Außerhalb Deutschland gibt es in Europa noch 3 Unterarten mit unterschiedlicher Färbung.
Die Barbe, in Bayern auch Barm genannt, ist der Leitfisch der so genannten Barbenregion. Wo der Bach zum Fluss wird, überwiegt nach der Äschenregion der Flusscharakter. Hier ist die Herrschaft der Salmonidenfische zu Ende. Natürlich können noch Salmoniden angetroffen werden, denn der Übergang von einer Region zur anderen variiert stark. Die Einteilung ist nur sehr grob und die Abschnitte überlappen sich, was besonders in der Salzach mit unterschiedlichen Strömungsgeschwindigkeiten und Habitaten der Fall ist. Der gesellig lebende Grundfisch bevorzugt tiefe, sauerstoffreiche, klare, schnell fließende Flüsse mit steiniger und sandiger Struktur, aber auch seichtere kleinere Flüsse wie die Alz. Tagsüber hält sich die Barbe gerne in Bodennähe unter Wehren, hinter Brückenpfeilern und ähnlichen Unterständen auf. Sie liebt den Wechsel strömungsgünstiger Ruheplätze zu schnell fließendem Wasser. Sie stellt hohe Ansprüche an die Substratvielfalt, die Fließgeschwindigkeit sowie an die chemische Qualität des Wassers mit einem pH-Wert von 7 bis 8,5 und eine günstige Wassertemperatur um die 20 Grad Celsius.
Stimuliert von einem raschen Temperaturanstieg im Frühjahr ziehen die Fische in größeren Scharen, meist alte Weibchen, flussaufwärts, manchmal bis in die Gebirgsgewässer. Am Ende der langen Züge der gemeinsamen Wanderung laichen sie im seichteren Wasser in Ufernähe auf sandig-kiesigem Untergrund. Ihre hirsegroßen, leicht klebrigen Eier geben sie portionsweise in eine Sandmulde oder kleben sie auf kiesigem Grund an Steine. Die Männchen, die zwischen dem 3. und 5. Jahr geschlechtsreif werde, tragen auf dem Kopf und Rücken einen starken Laichausschlag, weiße, perlartige Knötchen in Längsreihen angeordnet. Die Laichzeit reicht von Mai bis Juni. Der Laichakt gegen den Strom wird sehr intensiv vollführt und die Fische schnellen schon mal aus dem Wasser heraus. Die an Steinen und Kies haftenden, etwa 2 mm großen gelben Eier werden von der Strömung teils weggespült, so dass sie ihre Entwicklung im Kies versteckt vollenden. 6000 bis 9000 Eier/Kg Gewicht gibt ein Weibchen ab. Nach dem Laichen wandern die älteren Fische abwärts zu ihren angestammten Wohnplätzen zurück. Nach einer Brutdauer von 10 bis 15 Tagen zehren die ausgeschlüpften Larven ihren Dottersack auf und verbleiben noch einige Zeit am Laichplatz, später in strömungsarmen Gewässerabschnitten, wo sie heranwachsen. Ab der Größe von 1 bis 1,5 cm ernähren sie sich im Freiwasser. Ende des 3. Bis 4.Lebensjahres erreichen die Jungfische eine Länge von etwa 25 cm und werden zum 1. Mal laichreif.
Ihre Nahrung besteht aus wirbellosen Kleintieren und Algen, Bachflohkrebsen, Eintagsfliegen- und Köcherfliegenlarven. Mit den Barteln, auch Tasthaare genannt, tasten sie den Boden nach Nahrung ab und spüren Krebse und Würmer auf. Mit zunehmendem Alter stehen auch Fische auf ihrem Speiseplan. Der Fisch ist ein Allesfresser, Laichräuber und Brutfresser anderer Fische. Zu seinem Speiseplan zählen auch Schnecken und Saprobien aller Art und er geht bevorzugt in der Dämmerung , auch nachts intensiv auf Nahrungssuche. Mit seiner wulstigen Schnauze saugt er sich an Kieselsteinen fest und dreht diese und andere Hindernisse um, um sie nach Fressbarem abzusuchen. Die Barbe ist ein Wanderfisch, der zum Laichen flussaufwärts zieht. Sie legt zu ihrem Winterquartier, wenn nötig, bis zu 70 Km zurück. Ihr Lebensraum ist heute durch Wehre und Wasserkraftwerke stark eingeschränkt und der Fisch kann oft nicht mehr zu seinen früheren Laichplätzen gelangen. Dort, wo die Fließstrecken noch durchgängig sind, zieht er sich im Winter in tiefere Bereiche zurück und hält Winterruhe. Die Fische halten sich dann in großen Scharen an geschützten Stellen in ruhigen Buchten und unterspülten Baumwurzeln auf. An den Überwinterungsplätzen fallen sie in eine Art Kältestarre, bis sie im Frühjahr ihre Laichwanderung erneut antreten.
Das Fleisch der Barbe ist grätenreich, aber sehr wohlschmeckend. Ihr Laich ist giftig und verursacht Magen- und Darmbeschwerden mit Erbrechen und heftigem Durchfall. Der Angler fängt sie mit natürlichen Ködern wie Maden, Würmern und Köcherfliegenlarven. In heißen Monaten, besonders im August nehmen sie auch gerne mundgerechte Stücke von Gouda, Lyoner, Gelbwurst und Leberkäse. Einfach alles, was zu einer typischen bayerischen Brotzeit gehört.
An der Angel ist die Barbe ein starker Kämpfer. Obwohl die Barbe zu den Friedfischen zählt, nehmen beißwütige, meist größere Exemplare in der Alz immer wieder den angebotenen metallenen Spinner, der eigentlich für Hechte und Forellen gedacht ist. Unterhalb des Gendorfer Wehres kann man in der Alz die Barben noch bis Ende Oktober fangen. Dann lassen sie sich flussabwärts treiben, zurück in den Inn, wo sie sich ihre Überwinterungsplätze suchen. Ein Barbenjahr ist zu Ende gegangen.
Günter Geiß