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Der Flussbarsch, ein Stachelritter aus der Eiszeit

Alte, räuberisch lebende Einzelgänger bilden manchmal Rudel und jagen dann gemeinsam.

„Der Baas ist ein geschätzter Fisch, der in den Gewässern ganz Mitteleuropas von Spanien bis nach Sibirien hin häufig vorkommt. Er wird 3 Pfund schwer und bis 2 Fuß lang. Er schnappt sehr vorsichtig nach allem, was er bezwingen kann und verachtet selbst junge Frösche und Molche nicht. Es ist merkwürdig, daß die Barsche erkranken und abstehen, wenn der Blitz ins Wasser schlägt.“ Soweit zu den Ausführungen in Meyers Lexikon von 1871. Perca fluviatilis, so der lateinische Name, kommt in den Gewässern Europas vor, abgesehen von den nördlichsten und südlichsten Gebieten.

Der Flussbarsch ist im Inn und in der Salzach und in allen unseren Altwässern heimisch. Er  ist ein Geschenk der Eiszeit. Europa war während der Hauptvereisung nicht völlig mit Eis bedeckt und so konnte er in den von der Eiszeit verschonten Gebieten überleben. Der Fisch bevorzugt sauerstoffreiche, fließende und stehende klare Gewässer mit hartem Grund und meidet allzu starke Strömung. Er ist ein typischer Pionierfisch, dessen Laich Wasservögel über Grenzen hinweg in neu geschaffene Gewässer transportieren. Als  Standfisch hält sich gern im Halbschatten zwischen Pflanzen auf, wo er blitzartig hervorstößt und sein Beutetier packt. Er reagiert sehr empfindlich gegenüber Gewässerverschmutzung und fühlt sich zwischen 6 und 12 Grad Celsius wohl.

Der Barsch ist ein Schwarmfisch, gehört zu den „Echten Barschen“ und wird durchschnittlich 30 bis 40 cm lang, selten größer. Die geteilte Rückenflosse, deren vorderer Teil hartstrahlig und der hintere weichstrahlig ist, wird bei Gefahr aufgestellt. Die erste Rückenflosse zeigt an ihrem hinteren Ende einen blauschwarzen Fleck. Die großen, ziemlich hochangesetzten Augen leuchten gelblich-rot. Sein Kopf ist stumpf, die Mundspalte groß und die nach hinten ausgezogenen Kiemendeckel tragen einen starken Dorn. Sein Maul ist mit vielen kleinen, nach hinten gebogenen Zähnchen bewehrt. After- und Bauchflossen sind oft rötlich oder orange gefärbt. Die verhältnismäßig kleine Schwanzflosse ist nur wenig eingebuchtet, sein Bauch ist hellgrau bis  messinggelb. Vom graugrünen Rücken zeigen sich bis unter die Körpermitte  gegabelte Streifen und Querbinden auf den Seiten, wobei die Männchen eine lebhafte Färbung aufweisen. Je nach Standort und Alter variieren Zeichnung und Färbung. Im Winter, wenn sie tiefere Standplätze beziehen, nehmen alle Farbvarianten eine gleichmäßig helle Färbung an.

Streicht man vom Schwanz hin zum Kopf über seinen Körper, fühlen sich die festsitzenden Kammschuppen wie ein Reibeisen an. Während die Körperform in der Jugend eher schlank und wenig hochrückig ist, bildet sich im Alter ein starker, ausgeprägter Rücken. Der Barsch orientiert sich gern auf Sicht, findet sich aber im Trüben und in dunklen Tiefen gut zurecht und kann Wasser auf Geruchsstoffe Prüfen. Jede feinste Wasserbewegung in seiner Umgebung kann er wie mit einem Radarsystem als Druckschwankung registrieren. Die Fische laichen je nach Gewässer von März bis Juni bei einer Wassertemperatur von etwa 7 bis 8 Grad. Gelaicht wird an allen Gegenständen, an versunkenem Astwerk, an Wasserpflanzen, zwischen Steinen kreuz und quer im flachen Wasser. Bei der Eiablage gleitet das Weibchen mit angelegten Flossen dicht über die Unterlage und setzt ihre Eier in weißen, netzartig verschlungenen 1 bis 2 cm breiten und bis 1 m langen Gallertbändern ab, die unmittelbar danach von einem oder mehreren Männchen besamt werden. Die Weibchen legen bis zu 200 000 1,5 bis 2 mm große Eier pro Kg Körpergewicht. Nach einer Brutdauer von etwa 2 bis 3 Wochen steigen die geschlüpften 5 bis 6 mm langen Larven sofort zur Wasseroberfläche empor, um ihre Schwimmblase mit Luft zu füllen. Das Aufsteigen wird durch eine große Ölkugel erleichtert. Solange die Larven von ihrem Dottersack zehren, bleiben sie aber weiterhin am Grund liegen. Kurz bevor dieser aufgebraucht ist, werden sie schwimmfähig. Die Brut bildet dann dichte Schwärme und beginnt mit der Jagd nach kleinsten Planktontierchen.

Die Nahrung der kleinen Fische besteht vorwiegend aus Boden bewohnenden Wirbellosen, aus planktonischen Krebstierchen, Zooplankton, Insektenlarven und ab einer bestimmten Größe auch aus Fischen. Mit zunehmendem Alter ernähren sich die Barsche räuberisch von anderen Fischarten. Die Männchen wachsen langsamer als die Weibchen und werden frühestens nach Ablauf des 2. Lebensjahres geschlechtsreif. Der Barsch wird selten bis 50 cm lang bei einem Gewicht bis 3,5 Kg. Die Fische benötigen in der Winterruhe mehrere Monate Temperaturen von etwa 10 Grad Celsius und weniger, damit sich reife Keimzellen entwickeln können. Alte Exemplare sind ausgesprochene Einzelgänger und oft aggressiv. In manchen Seen bilden sich drei ökologische Formen des Barsches, nämlich der kräftig gefärbte Krautbarsch, der sich zwischen den Pflanzenbeständen der Uferregion aufhält, der heller gefärbte Jagebarsch, der die Freiwasserregion bewohnt und der dunkle Tiefenbarsch. Im Fließgewässer stehen die größeren Barsche einzeln hinter großen Steinen und  Wehrbauten. Große, räuberisch lebende Einzelgänger bilden manchmal vorübergehend kleine Rudel, die dann gemeinsam jagen. Sie kreisen einen vorher ausgemachten Weißfischschwarm ein und beginnen wie auf Kommando den Angriff.

Als Kinder haben wir die etwas vorlauten Barsche als Bürgermeister bezeichnet. Beim Tauchen mit Brille und Schnorchel entdeckten wir schon mal einen Schwarm kleiner Barsche, oft durchmischt mit Rotaugen und Rotfedern, in dessen Mitte sich ein etwas größerer Barsch aufhielt, der sich beim Näherkommen mit bedrohlich aufgestellten Rückenflossen dem Betrachter zuwandte und ihm sogar noch ein Stück entgegen schwamm, um den Eindringling frech zu mustern. Bürgermeister eben. Auch kann man beim Schnorcheln in unseren Badeseen schon mal eine Gruppe Barsche beobachten, wie sie auf und zwischen dem Tausendblattkraut verstreut „herumliegen“. Es sieht aus, als hätte sie jemand erschlagen. Sie wenden aber ihre Körperseite der schräg stehenden Sonne zu, um am meisten von der Wärmestrahlung abzubekommen.

Das weiße, feste Fleisch ist auch wegen der wenigen Gräten sehr geschätzt. Ein Erfolgserlebnis konnte ich an einem sonnigen Nachmittag an der unteren Alzstrecke beim Angeln verbuchen. Ein Prachtexemplar dieser Stachelritter konnte dem verführerischen Hüftschwung des angebotenen Wobblers nicht wiederstehen und ich konnte ihn nach kurzem Drill auf „die Schuppen“ legen.

Günter Geiß