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Der Hirschkäfer, ein brummender Geweihträger

Der Hirschkäfer ist eine imposante und beeindruckende Erscheinung mit Vorliebe zum Eichensaft.

Linne ordnete 1758 den Hirschkäfer mit dem lateinischen Namen Lucanus cervus in die Wissenschaftliche Nomenklatur ein. Hirschkäfer kommen in allen Erdteilen mit über 1000 Arten vor. Der heimische Hirschkäfer Lucanus cervus ist der größte Käfer in Mitteleuropa und man sieht ihn in den Sommermonaten bevorzugt in Wäldern mit hohem Eichenbestand herumfliegen.

Die etwa 9 cm großen Männchen tragen auf ihrem stark verbreiterten Kopf ein gewaltiges Geweih als Waffe im Kampf mit Nebenbuhlern. Das geweihartig vergrößerte Oberkiefer ist etwa 3 cm lang und wird nur bei Revierkämpfen und zum Festhalten der Weibchen während der Paarung eingesetzt. Auf dem schmäleren Kopf der kleineren, etwa 6 cm großen Weibchen sitzen normal entwickelte Oberkiefer. Diese sind sehr kräftig, so dass beim festen Zubiss blutende Wunden entstehen können. Die Färbung der Flügeldecken ist ein dunkles Rotbraun, wobei Kopf und Halsschild schwarz erscheinen. Die Fühler des Käfers sind am Ende gefiedert-blättrig verbreitert.

Hirschkäfer leben bevorzugt in lichten bis offenen, wärmebegünstigten Wäldern mit hohem Eichenbestand. Aber auch andere Baumarten wie Birke, Weide, Apfel und andere Laubbäume sind als Bruthabitat bekannt. Auch Gärten mit Rindenmulchhaufen und ähnlichem Baumholzmaterial kommen für die Eiablage in Betracht. Zur Reifung ihrer Keimzellen brauchen beide Geschlechter Baumsäfte, die bestimmte Pilze enthalten. Diese finden sie in natürlichen Wundstellen eines Baumes, die durch Windbruch, Frostrissen oder Verletzungen durch Baumfällarbeiten entstanden sind. Der Saft aus solchen Baumwunden fließt oft mehrere Jahre. Bei Bedarf sind die Weibchen auch fähig, mit ihren kräftigen Oberkiefern Wunden aufzubeißen. Die Käfer werden in der Dämmerung aktiv und suchen fliegend und mit viel Gebrumm Bäume mit ausfließendem Saft, wobei der Flug des Käfers nicht sonderlich elegant aussieht. Entdeckt das Hirschkäfermännchen einen Rivalen am Futterplatz, versucht es, diesen mit seinem mächtigen Geweih zu vertreiben. Die Flugaktivität der Hirschkäfer fällt in den Sommer in die Monate Juni und Juli, in Bayern, je nach Witterung, auch schon Anfang Mai. Die etwas langlebigeren Weibchen fliegen sogar noch im August. Da die Puppenwiege der Männchen schneller erwärmt wird als die der Weibchen, da sie nicht ganz so tief liegen, schlüpfen sie etwa eine Woche früher. Hirschkäfer besitzen ein so genanntes Schwarmverhalten, das in Abhängigkeit von Mondphasen auftritt. Im Jahr vor dem Schlüpfen erleben Hirschkäferlarven eine Metamorphose. Nachdem sich die Larve verpuppt hat, schlüpft im September der fertige Käfer, der aber noch in der so genannten Puppenwiege überwintert. Im folgenden Frühjahr gräbt sich der junge Käfer nach oben bis unter die Erdoberfläche, wo er für seinen ersten Flug auf geeignetes Wetter wartet.

Die einzige Nahrung der Hirschkäfer ist ausfließender Baumsaft, wofür zur Aufnahme Unterkiefer und Unterlippe, die so genannten Mandibeln, besonders ausgebildet sind und an ein gefiedertes, gegabeltes Pinselchen erinnern. Am liebsten mögen Hirschkäfer den Saft von Eichen, besonders gern von faulenden Ästen, wofür sie nach Anbruch der Dunkelheit die saftenden Baumwunden brummend anfliegen. Die Säfte enthalten Eichenzucker, das Quercitin, das für den sehr anstrengenden Flug benötigt wird. Die Saftwunde an der Rinde wird oft von bestimmten Bakterien besiedelt, die den Zucker zu Alkohol vergähren und so fällt so mancher Hirschkäfer nach dem Genuss dieses alkoholischen Saftes berauscht zu Boden.

Die Hirschkäfer schwärmen an lauen Abenden Mitte Juni bis Ende Juli mit lautem Brummen in den Auen und Laubwäldern. Es ist schon ein besonderes Erlebnis, wenn der Angler an lauen Juniabenden am Alzkanaleinlauf in die Salzach mit der Grundangel auf Waller ansitzt und hinter sich ein brummendes Geräusch wahrnimmt und in Kniehöhe ein Monstrum von einem Hirschkäfermännchen vorbeifliegt, über das Wasser hinweg, um im gegenüber liegenden Auwald zu verschwinden. Die Käfer sind auf der Suche nach offenen Baumwunden, angelockt durch den Geruch des austretenden Saftes. Männchen und Weibchen treffen sich an den Saftstellen, wo auch die Paarung stattfindet. Treffen mehrere Männchen aufeinander, wird um die Weibchen gekämpft, indem die Männchen versuchen sich gegenseitig mit den Geweihzangen auszuhebeln und vom Baum zu werfen. Bei diesem Kampf geht es nicht darum, den Konkurrenten zu verletzen oder gar zu töten. Es ist mehr eine Herausforderung, wer der Stärkere ist und mit dem Weibchen die Paarung vollziehen darf. Mit den mächtigen Zangen werden aber manchmal dem Gegner schwere Verletzungen im Abdomen zugefügt. Während des Kampfes ist oft in einigen Metern Entfernung ein Knacken der Flügeldecken zu hören. Der Sieger nähert sich anschließend dem Weibchen an der Leckstelle, stellt sich über das Weibchen, wobei die Köpfe in die gleiche Richtung zeigen und verhindert mit seinen Geweihzangen, dass das Weibchen wegläuft. Männchen und Weibchen bleiben oft mehrere Tage in dieser Stellung an der Leckstelle stehen, wobei sie immer wieder Nahrung aufnehmen. Endlich kommt es zur Paarung. Das Weibchen gräbt sich kurz nach der Begattung 30 bis 50 cm tief in den Untergrund ein, um im Laufe von 2 Wochen 50 bis 100 weißlichgelbe Eier an morschen Wurzelstöcken, bevorzugt von Eichen, zu legen. Das ca. 8 Wochen dauernde Leben der Weibchen besteht aus Nahrungsaufnahme, Paarung, Suche von geeignetem Brutholz und der Eiablage. Die Eier messen kurz nach der Ablage etwa 2 mm und schwellen innerhalb von 20 Tagen auf Erbsengröße an. Nach 14 Tagen schlüpfen die Larven, die sich 2 Mal häuten und schließlich eine Größe von 10 bis 12 cm erreichen und somit größer sind als der fertige Käfer. Die Larven ernähren sich von feuchtem, morschem und verpilztem Eichenholz. Es werden aber auch Larven in anderen Baumarten gefunden. Die Larven können, indem sie mit den Hinterbeinen aneinander reiben, knarrende Geräusche erzeugen. Nach 5 oder 6, manchmal aber auch erst nach 8 Jahren bauen sich die fertigen Larven in etwa 20 cm Tiefe eine so genannte Puppenwiege aus Mulm und Erde. Es ist ein etwa faustgroßer, ovaler Kokon mit 2 cm dicken Wänden. Diese sind innen mit Nahrungsbrei und Sekreten geglättet, welche Pilze und Bakterien abtöten können. Da das Männchen für das Geweih Platz braucht, ist sein Kokon wesentlich größer als der des Weibchens, obwohl bei der Verpuppung die Oberkiefer am Bauch anliegen. Etwa 6 Wochen nach der Verpuppung schlüpfen die Käfer, verbleiben aber zur Aushärtung des Chitinpanzers noch im Kokon, wo sie auch den Winter verbringen. Im Herbst geschlüpfte Käfer bleiben noch bis zum Frühjahr im Boden, graben sich im Juni an die Oberfläche und der Zyklus schließt sich. Ihre Lebenserwartung beträgt nur wenige Wochen.

Da der Hirschkäfer nur selten vorkommt, ist er besonders geschützt. In Deutschland steht er auf der Roten Liste der gefährdeten Tiere.

 

Günter Geiß