Mooreidechsen im Ibmer Moos
Mooreidechsen sind die einzigen heimischen Eidechsen die keine Eier legen.
Zootoca vivipara, unter diesem lateinischen Namen ordnete Linne die Echse in die wissenschaftliche Nomenklatur ein. Die Mooreidechse, auch Bergeidechse oder Waldeidechse genannt ist in Europa weit verbreitet. Ihr Lebensraum erstreckt sich von Schottland bis zum Ural, das südliche Verbreitungsgebiet von Nordspanien bis nach Sibirien. Auch in den Alpen ist die Art heimisch und lebt bis in Höhen von 3000 m. Ideale Lebensbedingungen für diese Reptilien bietet die Innviertler Seenplatte, wo der Naturfreund die Mooreidechse auch auf den Holzplanken des Rundwanderweges im Ibmer Moor beim Sonnen beobachten kann. Man muss sich den Tieren vorsichtig und ohne Hektik nähern, denn sie sind sehr scheu und flüchten bei geringster Störung ins Gestrüpp.
Die Mooreidechse wird etwa 18 cm lang, wobei die Kopf-Rumpf-Länge 6 bis 7 cm beträgt. Der Schwanz nimmt auch oft die doppelte Länge des Körpers ein. Sie ist die zierlichste Eidechse Europas, ist schlank, kurzbeinig und hat einen kleinen, flachen Kopf, der bei den Weibchen noch kleiner ist als bei den Männchen. Die Rückenschuppen sind gekielt und deshalb sehr rau. Ihre Kehle ist weißlich oder bläulich, die Oberseite braun, manchmal auch grau mit schwarzen Punkten und Flecken. Bei den Männchen ist die Fleckenzeichnung etwas dunkler und die Unterseite des Rumpfes, der Oberschenkel und des Schwanzes meist orangerot oder safrangelb mit schwarzen Punkten. Beim Weibchen sind diese Partien meist heller. Die Männchen haben eine verdickte Schwanzwurzel, in der zurückgezogen die paarigen Begattungsorgane liegen. Die Weibchen haben häufig einen gelben Bauch und an den Flanken einzelne blaue Schuppen. Manche Tiere tragen auf dem Rückenband aneinander gereihte, strichförmige Flecken, den sogenannten „Aalstrich“. Die Reptilien sind sehr unterschiedlich gezeichnet und es kommen auch Schwärzlinge vor.
Die tagaktiven Mooreidechsen jagen geschickt im Laub und zwischen Grasbüscheln kleine Bodeninsekten und deren Larven. Auch wirbellose Tiere wie Spinnen, Heuschrecken, Fliegen, Ameisen und Raupen gehören zu ihrem Nahrungsspektrum. Die Beutetiere werden nach Sicht und Gehör geortet, mit den Kiefern gepackt und im Ganzen verschlungen, größere Beutetiere gekaut und die Chitinhülle wieder ausgespuckt. Die Mooreidechse ist die einzige Eidechse die im geschlossenen Wald vorkommt, bevorzugt aber auch Lichtungen und Waldränder, Moore, Heiden und Gebirgsfluren in den Alpen. Sie ist standorttreu, wandert aber auch und besiedelt neue Lebensräume. Sie ist feuchtigkeitsbedürftiger als andere Eidechsenarten und durchschwimmt bei Gefahr auch Wasserflächen. An sonnigen Tagen sieht man die Männchen an Baumstümpfen, Altholz, Holzhaufen und auf den Bretterbohlen der Moorwanderwege bereits Anfang März. Sie fressen aber zu dieser Zeit noch nichts. Ende März, Anfang April erscheinen dann auch die Weibchen. Es genügen einige wenige milde Frühlingstage, damit die Geschlechter sich finden. Die Mooreidechsen paaren sich im April/Mai, wobei die Weibchen sich auch mit mehreren Männchen Paaren können, so dass die Jungen manchmal verschiedene Väter haben. Nach der Paarung tragen die Weibchen die befruchteten Eier bis zum Schlupf aus. Das trächtige Weibchen kann mit den Eiern im Bauch aktiv sonnenbeschienene Orte aufsuchen, damit die im Leib heranwachsenden Jungen der Sonnenwärme ausgesetzt sind. Sie sind lebendgebärend und die 30 bis 40 mm großen Jungen sind bei der Geburt noch mit einer weichen Eihaut umhüllt, aus der sie sich nach einigen Minuten befreien. Die Geburt erfolgt nach 2 bis 3 Monaten Tragezeit. Die 4 bis 8 Jungen werden in der Zeit Anfang Juli bis September geboren. Sie sind vom ersten Tag an auf sich allein gestellt und müssen selbst herausfinden, welches Futter für sie geeignet ist. Die Jungen weisen beträchtliche Unterschiede in der Färbung auf und sind schwärzlich bis bronzefarben, oft ganz schwarz bis zur Schwanzspitze.
In nassen Sommern kann man im Oktober noch trächtige Weibchen beobachten, die manchmal auch in diesem Zustand überwintern müssen. Die Jungtiere, die etwa nach 2 Jahren geschlechtsreif werden, sonnen sich im Herbst oft gemeinsam an einem Baumstamm. Sie haben eine große Anzahl von Fressfeinden, so dass die meisten weniger als ein Jahr alt werden. Nach dem ersten Kälteeinbruch im Oktober suchen sich die Mooreidechsen geschützte Überwinterungsplätze.
Nach der Bundesartenschutzverordnung sind die Mooreidechsen besonders geschützt, nach der Roten Liste der Bundesrepublik Deutschland aber nicht gefährdet.
Günter Geiß