Ringelnattern im Marktler Badesee
Die Ringelnatter ist eine typische Wasserschlange, ist für den Menschen ungefährlich und lebt auch in der Nähe von Wohnsiedlungen auf Komposthaufen und in Gartenteichen und wird deshalb auch als Hausschlange bezeichnet.
Die Ringelnatter, lateinisch Natrix natrix, wie sie Linne 1758 in die wissenschaftliche Nomenklatur aufnahm, ist in ganz Europa, West-Russland und in Westasien mit vielen Unterarten heimisch. In Deutschland ist die Ringelnatter die bekannteste und häufigste Schlange und kommt in drei Unterarten vor. Überwiegend ist die östliche, auch gewöhnliche Ringelnatter bekannt. Es wird angenommen, dass auch die Barren-Ringelnatter N.n. helvetica und die Balkan-Ringelnatter N.n.perse durch das ganze deutsche Verbreitungsgebiet zieht und sich auch untereinander paaren. In Bayern lebt hauptsächlich die gewöhnliche Ringelnatter Natrix natrix natrix, die im Folgenden auch beschrieben wird.
Die Männchen erreichen eine Länge von 75 cm bis 1 m, die Weibchen 85 cm bis 140 cm, in Ausnahmefällen auch über 150 cm. Den ovalen, vom Rumpf abgesetzten Kopf bedecken große symmetrisch angeordnete Schildplatten. Am Nacken befinden sich zwei gelbe bis orange gefärbte halbmondförmige Flecken. Vor und hinter den hellen Mondflecken, die manchmal auch schmutzig-weiß sein können, befinden sich je zwei schwarze Halbmonde. Die schlanken Schlangen haben eine bräunliche bis olivgrüne Oberseite, die auch bläuliche Töne aufweisen kann, mit vier bis sechs Reihen schwarzer Tupfen. Es können auch Schwärzlinge vorkommen. Die Rückenschuppen sind kräftig gekielt, jedoch nicht auf dem Schwanz. Die Unterseite des Kopfes, die Kehle und der Vorderteil des Bauches bleiben häufig fleckenlos hell, während die übrige Bauchseite ein schachbrettartiges Muster aufweist. Ihre Augen besitzen, wie bei allen Nattern, runde Pupillen.
Sie hat eine nur Schleim hervorbringende Oberlippendrüse und eine Gift führende Drüse, die möglicherweise zur allgemeinen Vorbereitung der Verdauung einspeichelt. Ergreift man in freier Natur eine Ringelnatter, so zischt und züngelt sie erregt, plattet den Körper ab und versucht sich mit Scheinbissen zu wehren. Sie hat keine Giftzähne und nur in den seltensten Fällen beißt sie zu, wobei der Biss für den Menschen keinerlei Folgen hat. Sie entleert ihren Darm und sondert eine übel riechende Flüssigkeit aus ihrer Kloake ab. Wird sie erschreckt und fühlt sich bedroht, kann sie laut zischen, hebt ihren Kopf und nimmt eine Art S-Stellung ein, um Angriffe vorzutäuschen. Ist keine Flucht möglich, stellt sie sich oft tot, verdreht den Körper, öffnet unter krampfhaftem Zittern den Mund und lässt ihre Zunge heraushängen. Der Zustand des Sich-tot-stellens, die Akines, soll die Feinde täuschen. Die scheue Natter ergreift aber in der Regel frühzeitig die Flucht und flieht ins Wasser oder ins Gestrüpp. Die tagaktive, wechselwarme Schlange häutet sich mehrmals im Jahr, wobei die alte Haut an Steinen oder Gestrüpp abgestreift wird. Nicht selten findet man Ringelnattern mit zwei Köpfen. In freier Natur gehen sie bald zugrunde, im Terrarium dagegen kann man sie jahrelang am Leben erhalten. Die beiden Köpfe verhalten sich wie selbstständige Einzelwesen. Wenn sich ein Kopf in eine Beute verbeißt, ist der andere bemüht, sie ihm zu entreißen, obwohl diese ja in den gemeinsamen Magen kommt.
Ihre Beute wird optisch anhand ihrer Bewegung und über den Geruch erkannt, der beim ständigen Züngeln beim Durchstreifen des Geländes an das Jacobson-Organ übertragen wird. Sie schlängelt sich immer näher heran und stößt blitzartig zu. Große Beutetiere werden umwickelt um sie durch Strangulation zusätzlich zu schwächen. Ihre Beute besteht aus Fröschen, Molchen, Fischen, Kröten, Eidechsen und kleinen Nagetieren. Die Jungtiere fressen Würmer, Kaulquappen, kleine Wirbellose und kleine Amphibien jeglicher Art. Große Ringelnatterweibchen verschlingen vor allem Erdkröten und Froschlurche, die an den hinteren Beinen gepackt und nach und nach von hinten verschlungen werden. Die Vorderbeine werden dabei nach vorne geklappt und somit kann aus aufgeblasenen Kröten die Luft nach vorne entweichen.
Die Ringelnattern halten von Oktober bis April in kleinen Gruppen Winterschlaf in frostfreien Erdhöhlen, hohlen Baumstämmen und auch in Komposthaufen. Sie verbringen die Winterruhe in einer Art Starrezustand und abhängig von der Außentemperatur verlassen sie ihr Versteck März/April. Nach intensivem Sonnen erfolgt die 1. Häutung. Die Paarung erfolgt im Frühjahr, oft in Gruppen, manchmal auch nochmals im Herbst. Die Männchen werden wahrscheinlich von Sexualferomonen der Weibchen angelockt. Beißereien zwischen den Konkurrenten kommen dabei nicht vor. Die Männchen schmiegen sich ohne vorheriges Vorspiel mit zuckenden Bewegungen an das Weibchen. Dann umwindet der Schwanz des Männchens das Hinterende des Weibchens und es presst seine Kloake in die ihre. Der eindringende Penis schwillt so stark an, dass er sich verhakt und zunächst nicht wieder zurückgezogen werden kann. Das kopulierende Pärchen bleibt über längere Zeit verbunden.
Nach etwa zwei Monaten im Juni legt das Weibchen 10 bis 40 Eier an warmen geschützten Stellen, im Kompost, verfaulendem Grünschnitt oder Schilf. An günstigen Stellen legen manchmal viele Ringelnattern in ein Gelege. Die etwa 25 bis 40 mm langen und 4 bis 6 g schweren weißen Eier haben eine pergamentartige Schale und bilden eine verklebte Masse, die später erhärtet.
Die Eier entwickeln sich ab einer Temperatur von 20 Grad. Durch den Abbauprozess des verrottenden Pflanzenmaterials entsteht Brutwärme, was die Brutdauer deutlich verkürzt. Bei 28 bis 30 Grad schlüpfen die etwa 12 bis 20 cm langen Jungen nach etwa 30 bis 33 Tagen Reifezeit im Frühherbst. Die Schale wird mit einem Eizahn aufgeschnitten. Die nicht mehr als 3 g schweren Jungen verlassen das Gelege zunächst nicht und gehen dort auch in den Winterschlaf. Sie sind aber bereits selbstständig. Sie werden nach 4 Jahren geschlechtsreif und können in Freiheit bis zu 20 Jahre alt werden.
Die tagaktive Natter zieht sich abends in ihr Versteck zurück und verlässt dieses früh am Morgen, um sich von der Sonne aufwärmen zu lassen. Während der Mittagshitze sucht sie schattige Orte auf. Da Amphibien ihre Nahrungsgrundlage bilden, ist sie auf gewässerreichen Lebensraum und vielfältige Biotopstrukturen angewiesen wie kleine Tümpel, Weiher und Feuchtwiesen. Aber auch an Bahndämmen und in Gärten wird sie beobachtet. Unsere Wasserlandschaften zwischen Inn und Salzach, mit ihren Altwässern und sumpfigen Ufern sind bestens für diese hervorragende Schwimmerin als Lebensraum geeignet. Wandert der Naturfreund im Frühjahr an der Bahndammseite der Marktler Lacke am Wasser entlang, so kann er hier öfter eine der scheuen Wasserschlangen überraschen und beobachten, wie sie ins Wasser huscht, im Uferbereich abtaucht und kurz darauf mit schlängelnden Bewegungen und leicht erhobenem Kopf die Wasseroberfläche Richtung Seemitte durchpflügt.
In unserer Region ist die Ringelnatter die häufigste Schlange, ist geschützt und steht auf der roten Liste.
Günter Geiß