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Die Schlingnatter, eine Würgeschlange mit Muskelkraft

Die „kleine Boa“ umschlingt größere Beute mit ihrem Körper und erstickt sie indem sie sie am Atmen hindert.

Der österreichische Arzt und Naturforscher Nikolaus Laurenti ordnete 1768 die Schlingnatter mit dem lateinischen Namen Coronella austriaca in die wissenschaftliche Nomenklatur ein.

Die Schlingnatter lebt im mittleren und südlichen Europa und im westlichen Asien mit verschiedenen Unterarten. In unserer Region ist die Nominatform Coronella austriaca austriaca weit verbreitet, aber nicht Flächen deckend. Südlich der Donau lebt sie im Einzugsgebiet der voralpinen Flüsse wie Inn und Salzach und ist auch nicht selten im Alztal anzutreffen.

Die geschmeidige, ungiftige Natter wird etwa 60 bis 70 cm lang, gelegentlich 80 cm und erreicht ein Gewicht von etwa 50 bis 80 g, selten 100 g. Der breite, kleine Kopf der zierlichen Schlange setzt sich nur schwach vom Körper ab. Ihr Rumpf ist langgestreckt, walzenförmig und im Durchmesser rundlich, in der Mitte etwas dicker. Der Schwanz der Natter verjüngt sich gleichmäßig und endet mehr spitz. Ihr Kopf ist abgeflacht, die Seiten und die Schnauzenspitze sind etwas rundlich, die Augen relativ klein mit runden Pupillen und bräunlicher Iris. Zwischen Auge und Nasenloch verläuft eine Längsfurche. Das Schnauzenschild ist groß und reicht bis zu den Nasenlöchern, welche mittig in den Nasalen sitzen. Außer den Oberlippen- und Unterlippenschildern bestehen noch zwei große längere Schilder am Oberkopf. Die Schlange hat eine recht unterschiedliche Färbung. Die Oberseite ist graubraun, oliv oder rötlich. Die Bauchseite kann schwarz, grau, braun, orangerot oder gelb gefärbt sein, oft mit einer dunklen Sprenkelung. Kopfseite und Oberkieferrand sind hell und mit feinen schwarzen Punkten übersät. Bei den Männchen dominiert rötlichbraun, bei den Weibchen eher grau und bei den Jungtieren einfarbig ziegelrot oder leuchtend rotbraun, wobei sie auf dem Rücken eine dunkle kontrastreiche Fleckenzeichnung zeigen. An den Kopfseiten der Nattern befindet sich je ein charakteristischer dunkelbrauner Streifen, der vom Nasenloch über das Auge bis zum Mundwinkel verläuft und seitlich des Halses von kleinen Einzelflecken abgelöst wird. Auf der Oberseite des Kopfes befindet sich ein braunschwarzer, nach hinten geöffneter Fleck, der an ein Herz oder Hufeisen erinnert und sich in zwei Längsstreifen mit schräg gegeneinander versetzten Flecken auf dem Rücken fortsetzt , die zum Schwanzende hin immer undeutlicher werden. Im Oberkiefer sitzen 12 bis 16 Zähne, die schlundwärts etwas an Länge zunehmen, wobei die Zähne im Unterkiefer gleich lang sind. Ihre glatten, nicht gekielten Körperschuppen sind hinter dem Kopf klein und rundlich, schwanzwärts länglich und die Enden zugespitzt.

Die Schlingnattern halten sich an warmen und trockenen Stellen auf, vom Flachland bis in Höhen über 2000 m, ohne bestimmte Ansprüche an die Geländeform. Die Art ist ortstreu und man begegnet ihr auf sandigen Hügeln, an besonnten Waldrändern und wärmebegünstigten Hanglagen. Sie liebt Geröllhalden und Trockenmauern, Hecken und verbuschte Böschungen mit hoher Kleinstruktur, auch antropogene Standorte wie sonnenbeschienene Bahndämme und Hochwasserdämme. So konnte ich die zierliche Schlange des Öfteren auf den schrägen Betonplatten an der Alz unterhalb des Hirtener Wehres beim Sonnen beobachten. Aber auch auf der Südseite des Bahndammes neben dem Marktler Badesee. Besonders standorttreue Exemplare leben ganzjährig in den Trockenmauern am Emmertinger Sportplatz. Die tagaktiven Nattern vermögen geschickt zu klettern und bei großer Tageshitze findet man sie hauptsächlich am Morgen und am späten Nachmittag . Im Frühjahr und Herbst sind sie mehr um die Mittagszeit aktiv um sich zwecks Temperaturregulierung der Sonnenstrahlung auszusetzen. Nachts und bei großer Hitze, aber auch bei regnerischem Wetter ziehen sie sich in ihre Ruheplätze zurück. Die Schlingnatter vertraut auf ihre Tarnung und verharrt reglos. Wenn sie sich gestört fühlt, versucht sie in ruhiger und bedächtiger Fortbewegungsweise sich in Sicherheit zu bringen. Fühlt sie sich bedroht oder in die Enge getrieben, ringelt sie sich kreisförmig zusammen, richtet ihren Vorderkörper S-förmig auf und versucht zu beißen. Sie lässt nicht gleich wieder los. Der Biss ist für den Menschen ungefährlich, durch die kleinen Zähnchen gibt es lediglich kleine Kratzer. Gelegentlich täuscht sie einen Scheinangriff vor ohne das Maul zu öffnen. Sie kann allerdings aus den Analdrüsen ein scharf riechendes Sekret absondern.

Als Stöberjägerin streift die Natter bei der Nahrungssuche im Gelände langsam und aufmerksam umher und orientiert sich am Geruch der Beute, den sie durch intensives Züngeln registriert. Die Geruchsmoleküle werden mit der Zunge aufgenommen und am Gaumen über das Jacobson`sche Organ wahrgenommen. So kann die Natter selbst in dunklen Spalten zwischen Steinen Eidechsen und auch Kleinsäuger und ihre Jungen orten. Sie ergreift das Opfer durch blitzschnelles Zustoßen mit ihren Zähnen, um sie dann mehrfach zu umschlingen. Das Beutetier wird erstickt und anschließend meist mit Kopf voran langsam verschlungen. Kleinere Beutetiere werden lebend verschluckt. Ihren Flüssigkeitsbedarf deckt sie über die Aufnahme von Tautropfen und aus Pfützen. Ihre Beute besteht unter anderem aus großen Insekten, Spitzmäusen, nestjungen Vögeln, Regenwürmern und Vogeleiern.

Beobachten kann man die Schlingnattern in unserer Region zwischen April und Oktober. Ende März/Anfang April kommen sie aus ihren Winterverstecken und es kommt zur ersten Häutung. Im Mai verpaaren sich die Geschlechter, wobei die Männchen ein ritualisiertes Vorspiel vollführen. Sie züngeln, nicken mit dem Kopf und umkriechen das Weibchen einige Zeit, bis beide Körper auf gleicher Höhe parallel beieinander liegen. Das Männchen legt seinen Kopf auf den Nacken des Weibchens und beißt sich gelegentlich sogar fest, um es zu fixieren. Die anschließende Kopulation, bei der das Männchen seinen Hemipenis in die Kloake des Weibchens verankert, dauert 20 Minuten bis mehrere Stunden, wobei die Tiere versuchen, mit den vorderen Körperhälften auseinander zu streben. Zur Paarungszeit verhalten sich die Männchen ihren Artgenossen gegenüber sehr aggressiv und beißfreudig, wobei nicht selten Ringkämpfe stattfinden. Die Tragzeit dauert durchschnittlich vier bis fünf Monate, so dass Mitte August bis Ende September die Jungen geboren werden. Im Augenblick der Geburt sprengen sie ihre Eihülle und sind dann bereits 15 bis 20 cm lang. Die Weibchen legen im Folgejahr meist eine Fortpflanzungspause ein um neue Eianlagen bilden zu können. Je nach Größe der Weibchen gebären sie zwei bis fünfzehn vollständig entwickelte Jungtiere mit einem Gewicht von 2,5 bis 3,5 g. Kurze Zeit nach der Geburt kommt es zur ersten Häutung und sie gehen auf Nahrungssuche. Sie sind im dritten Lebensjahr bereits 30 bis 40 cm lang und im dritten oder vierten Jahr geschlechtsreif. Danach geht das Körperwachstum nur langsam weiter. Adulte Tiere häuten sich zwei bis sechsmal im Jahr.

Die Schlingnattern, die bis 20 Jahre alt werden können, ziehen sich im September oder Oktober in frostfreie Überwinterungsgebiete zurück. Sie suchen Erdhöhlen, Hohlräume zwischen Steinen und unter Wurzelwerk. In unserer Region dauert die Winterruhe vier bis fünf Monate, wobei manchmal mehrere Individuen im selben Quartier überwintern. Sie verfallen in eine Art Winterstarre und können auch kurze niedere Frostperioden überstehen.

In der Roten Liste der Bundesrepublik Deutschland und in Österreich ist die Schlingnatter als gefährdet eingestuft.

Günter Geiß