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Wasserfledermaus

Die Wasserfledermaus, ein nächtlicher Insektenfänger an unseren Gewässern

Wasserfledermäuse gehören zur Familie der Glattnasen und fangen mit ihren großen Krallen ihre Beute knapp über der Wasseroberfläche.

Heinrich Kuhl nannte 1817 die Wasserfledermaus Vespertilio daubentonii und erst 1898 gab ihnen Rogers Oldfield den noch heute gültigen Namen Myotis daubentonii. Der Wissenschaftliche Name ehrt den französischen Zoologen Louis Jean-Marie Daubenton. Das Vorkommen der Wasserfledermaus ist im Wesentlichen auf die gemäßigte Klimazone beschränkt und erstreckt sich über ganz Eurasien, im Osten bis zur Mongolei. In Bayern findet man die Wasserfledermaus überall dort, wo in Wassernähe passende Unterschlupfmöglichkeiten vorhanden sind. In Deutschland werden fossile Funde auch aus dem Pleistozän nachgewiesen.

Seitlich des wenig behaarten, leicht pink bis rotbraun gefärbten Gesichtes befinden sich weit auseinander stehende, kurzgerundete Ohren, die kaum aus dem Fell herausragen. Ihre spitzen Ohrdeckeln sind nicht halb so lang wie das Ohr. Das dichte und kurze Fell ist bräunlich, auch graubraun oder bronzebraun und manchmal mit einem leicht rötlichen Schimmer. Die Flughaut weist eine dunkelbraune bis rötlichbraune Färbung auf. Die Bauchseite ist weiß gefärbt. Der breite Schädel zeigt im Profil eine ebene Form. Die Wasserfledermaus gehört mit 40 bis 60 mm Größe zu den mittelgroßen Arten und wiegt etwa 7 bis 15 g. Die Männchen sind etwas kleiner als die Weibchen und je nach Geschlecht haben sie eine Flügelspannweite von 24 bis 27 cm. Während des Winterschlafs liegt ihre Herzschlagfrequenz bei 110 bis 120 Schlägen pro Minute, bei Anspannung und Erregung kann diese im Sommer auf 450 bis 750 Schläge pro Minute steigen.

Landschaften, die viel Gewässer und viel Wald aufweisen, sind ideale Lebensräume. Ihre Jagdgebiete sind stehende, sowie langsam fließende Gewässer, an denen sie in geringer Höhe über der Wasseroberfläche wendig und schnell ihre Bahnen ziehen können, um Insekten zu erbeuten. Die Tiere sind sehr gesellig und ausschließlich nachtaktiv. Ihre Aktivität beginnt kurz vor Sonnenuntergang, manchmal auch erst in der späten Dämmerung und endet ein bis zwei Stunden vor Sonnenaufgang. Die Weibchen bilden üblicherweise größere Kolonien als die Männchen, die mit etwa 20 Tieren Spechthöhlen und Nistkästen bewohnen. Auch Quartiere unter Brücken werden gerne angenommen. Außerhalb der Paarungszeit halten sich die Männchen in kleinen Trupps auf und treffen nur für kurze Zeit auf die Weibchen. Wasserfledermäuse sind territoriale Tiere und benötigen ein Jagdrevier von durchschnittlich 420 Quadratmeter. Um sich orientieren zu können, benutzen sie die Echolokation und erzeugen mit besonderen Muskeln bis zu 160mal pro Sekunde Laute, wobei sie mit einer Frequenz im Ultraschallbereich von 45 KHZ am besten hören. Der Zeittakt-Rhythmus lässt sich mit einem stakkatoartigen tikete-tikete-tikete-tikete-Rufen beschreiben.

Die Nahrungsgründe der Wasserfledermaus können mehrere Kilometer von ihren Schlafplätzen entfernt liegen. Sie fliegen von ihren Tagesquartieren  über immer dieselben Flugstraßen zu ihren Jagdrevieren, wobei lineare Baumstrukturen, Baumreihen oder Hecken als Leitlinien dienen. Dabei erreichen sie eine Geschwindigkeit bis zu 25 km pro Stunde, bei der Jagd sind sie mit etwa 12 km pro Stunde unterwegs. Oft sind es mehrere Tiere, die gleichzeitig dicht über der Wasseroberfläche nach Insekten jagen und mit ihren großen Füßen die Beute ergreifen. Nicht selten erbeuten sie mit ihren großen Krallen auch kleine Fische direkt unter der Wasseroberfläche, indem sie mit ihren Zehen wie mit einem Laubrechen durch das Wasser pflügen. Manche Insekten fangen sie auch mit den Flughäuten ihrer Flügel und auf der Wasseroberfläche treibende Insekten keschern sie geschickt mit der Schwanzflughaut heraus und nehmen sie mit dem Maul auf. Wasserfledermäuse müssen in jeder Nacht etwa ein Drittel ihres Körpergewichtes an Nahrung zu sich nehmen. Jedes Mal wenn der Schallkegel ihrer Echolotrufe ein Insekt erfasst, verlassen sie ihre Flugbahn und jagen der Beute hinterher. Sind viele Fledermäuse auf der Wasseroberfläche unterwegs, kommt es zu wilden Verfolgungsjagden, bei denen sich die Konkurrenten unerbittlich jagen. Meist fliegen sie über der Wasseroberfläche in festen Bahnen, schlagen aber auch enge Kurven und zeigen dabei ihre helle Körperunterseite. Auf ihrem Speiseplan stehen bevorzugt Eintagsfliegen, Köcherfliegen, Schnaken und Zuckmücken, die sie im Schwirrflug erbeuten. Die Tiere jagen aber auch Nachtfalter und andere Insekten in lichten Auwäldern und Streuobstwiesen.

Beim nächtlichen Ansitz neben der Grundangel am Alzkanaleinlauf in die Salzach schreckt so mancher unwissender Angler auf, wenn sein Bissanzeiger-Glöckchen plötzlich bimmelt und wundert sich, dass beim folgenden Anschlagen der Angel der Anhieb ins Leere geht. Manchmal konnten wir im matten Schein der Taschenlampe neben der Angelschnur ein flatterhaftes fliegendes Objekt in der Dunkelheit verschwinden sehen. Es war eine Wasserfledermaus, die wahrscheinlich mit ihrem Echolot die dünne Schnur erfasste und sie mit einem Insekt verwechselte oder hatte im Eifer ihres Schwirrfluges das Hindernis übersehen.

Die Paarungszeit der Wasserfledermäuse beginnt Ende August und setzt sich bis in den April fort, wobei die Geschlechter in einer polygamen Beziehung leben. Eine feste Paarbildung kann nicht beobachtet werden. Ab September zeigen die Tiere ein ausgeprägtes Schwarmverhalten, wobei aber die eigentliche Paarung erst im Winterquartier stattfindet. Die bereits schlafenden Weibchen werden von den Männchen gesucht und mit einem zarten Biss in den Nacken geweckt. Da die Weibchen bei der darauffolgenden Paarung noch ziemlich verschlafen wirken, ist ein Balzen um sie wenig sinnvoll. Nach der Begattung suchen sich beide Tiere einen geeigneten Platz, um ihren Winterschlaf fortzusetzen.  Die Weibchen werden aber erst gegen Ende des Winters befruchtet, da dann für die Schwangerschaft die nötige Energie vorhanden ist. Nach dem Ausflug aus dem Winterquartier bilden die trächtigen Weibchen für die Aufzucht ihrer Jungen Wochenstuben-Gesellschaften von 20 bis 50 Tieren in Baumhöhlen, wo sie dann im Juni ihr einziges Junge zur Welt bringen. Mit den flugunfähigen Jungen, die sich fest an ihre Mutter klammern, wechseln die Weibchen alle 2 bis 3 Tage ihr Quartier. Selbstständige Jagdausflüge unternimmt der Nachwuchs erst im Alter von etwa 4 Wochen. Im August, wenn die Jungen selbstständig und von der Muttermilch abgesetzt worden sind, werden die Wochenstuben wieder aufgelöst. Bei den 3 bis 4 Monate alten Männchen schwellen die Hoden an und sie werden wahrscheinlich im selben Jahr noch geschlechtsreif.

Die Wasserfledermaus ist eine relativ ortstreue Art. Zwischen den Sommer- und Winterquartieren, die meist wiederholt aufgesucht werden, liegen weniger als 100 km, selten 200 km. Für die Überwinterung sammeln sich die Fledermäuse in großen Verbänden, um in relativ warmen und feuchten Höhlen, Stollen, Kellern oder in frostsicheren Felsspalten zu schlafen. Ideal sind 100 % Luftfeuchtigkeit bei 3 bis 6 Grad Celsius. Temporäre Temperaturen von – 2 Grad können überstanden werden. Bei Temperaturen, die dauerhaft unter 3 Grad liegen, wechseln sie in ein wärmeres Quartier. Zum Überwintern hängen die Tiere ab September bis in den März hinein frei an der Wand oder sie sind in Spalten verborgen. Die durchschnittliche Größe einer Winterkolonie liegt zwischen einigen Dutzend und 140 Tieren. In manchen Naturschutzgebieten, wo den Fledermäusen beste Lebensbedingungen geboten werden, können die Winterkolonien wesentlich größer ausfallen. In der Regel befinden sich in einem Winterquartier etwa 20 % Jungtiere. Nach Beendigung des gemeinsamen Winterschlafes sind die Weibchen alle befruchtet und versammeln sich in großen Wochenstuben um ihre Jungen zur Welt zu bringen.

Wasserfledermäuse sind nicht gefährdet und werden im Durchschnitt 4 bis 5 Jahre alt, ausnahmsweise bis 30 Jahre.

Günter Geiß