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Schleiereule

Der Mäusejäger - ein Helfer der Bauern

Die Schleiereule (Tyto alba in Westeuropa bzw. Unterart Tyto alba guttata in Osteuropa) hat schon seit langer Zeit Menschen fasziniert. Ihrem typischen Eulengesicht verleiht ein herzförmiger, sehr heller Gesichtsschleier ein markantes Aussehen. Als Vogel aus Baumsteppen und Savannen liebt sie halboffene Landschaften und hat Mitteleuropa als Kulturfolger besiedelt. In England heißt sie „Barnowl“, also „Scheunen-Eule“. Dieser Name beschreibt sehr gut ihr Lieblingsversteck bei uns, nämlich alte Scheunen.

 Mit einer Körperlänge von 33-39 cm und einer Spannweite von 80-95 cm zählt die Schleiereule zu den mittelgroßen Eulen. Dabei sind die Weibchen in der Regel etwas größer als die Männchen. Die in ihrem Verbreitungsgebiet ebenfalls vorkommenden Uhus und Waldkäuze sind deutlich größer und ihr daher im Kampf um ein Revier überlegen. Daher meidet die Schleiereule Wald oder Nähe zum Wald und bevorzugt eindeutig eine offene Agrarlandschaft.

Das typischer Erkennungsmerkmal ist der oben erwähnte helle Gesichtsschleier mit dunkler Iris, die Oberseite hingegen ist grau bis hellocker, der Bauch dagegen rein weiß (bei Tyto alba) oder gelborange (bei Tyto alba guttata). Sie fliegt langsam schwankend und elegant. Im Flug wirkt sie langhälsig und kurzschwänzig. Männchen und Weibchen unterscheiden sich außer in der Größe nicht.

Der markante Gesichtsschleier hat die Funktion, bei der Jagd die Geräusche der Beutetiere durch Schallsammlung zu verstärken. Wie bei anderen Eulen verfügt die Schleiereule auch über  eine kammartig gezähnte Außenfahne der vordersten Handschwinge und einen dichten, weichen Flaum auf der Oberseite aller Schwingen. Dadurch werden die Fluggeräusche fast vollständig unterdrückt. Sie ist daher ein nahezu geräuschloser nächtlicher Jäger.

In ihrem Nahrungsspektrum dominieren eindeutig Nagetiere zu mehr als 50% (vor allem Wühlmäuse und Spitzmäuse, aber auch andere Mausarten), regional erbeutet sie auch Ratten, Reptilien, Frösche und Insekten. Als eifriger Mäusevertilger wird die Schleiereule seit Jahrhunderten von Bauern geschätzt. Allein für die Jungenaufzucht erbeutet ein Schleiereulen-Paar ca. 2000-3000 Mäuse pro Saison.

Schleiereulen brüten vorzugsweise in alten Scheunen, aber auch in Ruinen, Kirchtürmen und Schlössern. Die Brutzeit beginnt im März/April. Im Abstand von etwa zwei Tagen werden 3 bis 12 Eier gelegt und anschließend 30 Tage bebrütet. Das Brüten und Hudern wird allein vom Weibchen übernommen. Bei der Versorgung der Jungvögel mit Nahrung beteiligt sich dann auch das Männchen. Die meist ungleich großen Jungvögel werden nach etwa 8 Wochen flügge. Dann wechseln sie auch von den Daunen zum Federkleid der erwachsenen Tiere.

Der Bruterfolg der Schleiereule ist stark an den Mäusezyklus gekoppelt, bei dem es  etwa alle 3-4 Jahre zu einem Anstieg der Mäusepopulation kommt (was jedoch lokal unterschiedlich stark ausgeprägt sein kann). In „guten“ Mausjahren kommt es dann teilweise auch zu Zweitbruten im Sommer.

Das Verbreitungsgebiet der Schleiereule erstreckt sich in Europa über ganz Mitteleuropa, England und den gesamten Mittelmeerraum, nicht jedoch über Skandinavien und Russland. Wegen der Schneegefahr im Winter bleibt sie in der Ebene und ist im Gebirge nicht zu finden. Daher ist ihre Verbreitung in Bayern im Norden ausgeprägter als in Südbayern, wo sie in der Vergangenheit die Nähe der Alpen gemieden hat.

Leider ist die Schleiereule heute  bei uns rar geworden. Sie wird inzwischen auf der Roten Liste Bayern als gefährdete Art eingestuft. Neben der Intensivierung der Landwirtschaft, der Verwendung von Rodiziden und der heute meist maus-sicheren Lagerung von Getreide in Silos ist der Mangel an Brutplätzen ein wichtiger Grund für den Rückgang der Schleiereulen. Leider kommen viele Eulen auch bei Zusammenstößen mit Autos ums Leben (häufigste Todesursache).

In Burghausen beispielsweise gab es noch 2007 in Bergham ein brütendes Paar. Nach Renovierung der Scheune, in dem diese Eulen nisteten, sind sie dann verschwunden. Im Frühjahr 2020 wurde im Bereich Tylaching und Kirchweihdach durch einen Fund von Gewölle die Schleiereule im südlichen Landkreis Altötting nachgewiesen. In den letzten Jahren wurden beringte Jungeulen tot in Halsbach und Kirchweihdach gefunden.

Es gibt gute Chancen für ein Comeback dieses schönen Vogels im Landkreis Altötting. Im Bezirk Braunau in Oberösterreich kümmern sich engagierte Ornithologen seit  25 Jahre sehr erfolgreich um die Wiederansiedlung von Schleiereulen. Dazu wurden etwa 80 Brutkästen in Scheunen und anderen Gebäuden installiert. Nach anfänglichen Schwierigkeiten stellte sich in diesem Projekt über die Jahre ein ganz erstaunlicher Erfolg ein. Im Jahr 2019 haben 13 Brutpaare zum Teil mit Zweitbruten insgesamt 81 Jungvögel erbrütet. Einige der Brutstandorte liegen nur wenige Kilometer von Burghausen entfernt. Tatsächlich fliegen die jungen Eulen teilweise auch nach Westen zu uns in den  Landkreis Altötting. Daher ist es naheliegend diese Vögel mit Brutkästen bei der Suche nach einer neuen Heimat zu unterstützen. Diese Brutkästen sollten möglichst in einer offenen Landschaft in Gebäuden in der Nähe von extensiv bewirtschafteten Wiesen,  Weiden und Streuobstanlagen installiert werden. Auch sollten Plätze für Tageseinstände vorhanden sein. Die Eignung eines Gebiets als Schleiereulen-Habitat ist schwer einzuschätzen. Daher ist es für eine erfolgreiche Ansiedlung notwendig, ein breitgestreutes Angebot an Brutkästen zu schaffen. Diese Brutkästen werden auch sehr gerne von Turmfalken und vereinzelt auch von Waldkäuzen angenommen, sie fördern daher mehrere Arten von Mäusejägern.

Dr. Holger Lundt, BN OG Burghausen