Der Wiedehopf
„Hup, Hup, Hup“. Es klingt wie die Hupe eines alten Oldtimers, wenn der Wiedehopf im April aus Afrika zurückkommt und mit diesem Balzruf ein Revier besetzt. Kein Wunder, dass er im Englischen „Hoopoe“ heißt, sein lateinischer Gattungsname „Upupa“ lautet und er in Frankreich „Huppé“ und „Pubette“ genannt wird. Da er etwa zwei Wochen vor dem Kuckuck bei uns eintrifft, hat er in Norddeutschland auch den Namen „des Kuckucks Küster“ (Mesner).
Aber diese etwas respektlose Bezeichnung wird dem Wiedehopf nun wirklich nicht gerecht. Seinem Gefieder nach stiehlt er dem unscheinbaren Kuckuck allemal die Schau. Der etwa 25-29 Zentimeter lange Vogel ist eine der auffallendsten Gestalten unsere Vogelwelt. Sein unverwechselbares Merkmal ist seine fünf bis sechs Zentimeter lange aufrichtbare Federhaube mit einem schwarz-weißen Abschluss. Brust- und Kopfgefieder haben eine orange-bräunliche Farbe. Ein auffälliger Kontrast dazu ist eine schwarz-weiße Zeichnung an den Flügeln. Der Schwanz ist schwarz mit einer breiten weißen Querbinde. Die beiden Geschlechter unterscheiden sich hinsichtlich des Gefieders nicht, dass Männchen ist allerdings etwas größer. Der leicht abwärts gebogene Schnabel ist im Verhältnis zur Körpergröße eher lang (4-5 Zentimeter). Er lässt schon ahnen, wozu er gut ist, nämlich zum Herumstochern im Boden. Dort sucht der Wiedehopf bevorzugt nach Insekten und deren Larven (z.B. Feldgrillen, Maulwurfsgrillen, Engerlinge sowie verschiedene Raupenarten und Käfer). Gerne stochert er auch in Schafdung herum.
Während der Nahrungssuche und in Erregungssituationen ist ein ständiges Kopfnicken sehr auffallend. Der Wiedehopf bewegt sich mit Vorliebe hüpfend in spärlicher Vegetation und auf kurzrasigen Flächen, wo er leicht den Überblick behält und Annährung von Feinden erkennt. Abgefressene Viehweiden und offene Landschaften mit Feldgehözen und Kleinstrukturen, Obstwiesen und Weingärten bilden sein bevorzugtes Habitat. Gern sucht er auch unbefestigte Wiesenwege, magere Böschungen und die Ränder von Schotterstraßen zur Nahrungssuche auf.
Da er zum Brüten Baumhöhlen benötigt, war er früher oft in alten, lichten Obstgärten und Streuobstwiesen anzutreffen. Derartige Baumhaine mit abgebrochen Ästen und Faulstellen an den Bäumen sind heute leider sehr selten geworden. Künstliche Nisthöhlen / Nistkästen sind in den letzten Jahren wichtige Ersatzbrutplätze geworden, die, beispielsweise an der Donau in Niederösterreich, inzwischen ganz wesentlich zum Bruterfolg beitragen.
Während der Balz macht das Wiedehopf-Männchen außer durch die Hup-Hup-Rufe auch durch seine aufgerichtete Federhaube auf sich aufmerksam. Wenn sich ein Weibchen nähert, versucht er sie zusätzlich mit Futterübergabe zu beeindrucken. Es kommt danach zu Verfolgungsflügen, bei denen dann das Männchen die bevorzugte Bruthöhle anbietet. Die nachfolgende Kopulation findet am Boden statt. Wiedehopfe sind während einer Brutsaison monogam. Das Weibchen legt 5-7 Eier, die 16-19 Tage bebrütet werden. Nach dem Schlüpfen benötigen die Jungen 20 – 28 Tage bis sie flügge werden und das Nest verlassen. Das Männchen versorgt während der gesamten Brutzeit sowohl das Weibchen als auch die geschlüpften Jungen mit Nahrung. Erst wenn die Jungen nicht mehr gehudert werden müssen, beteiligt sich das Weibchen dann auch an der Nahrungsbeschaffung für die Jungen.
Während der Brutzeit sind Wiedehopfe äußerst heimliche Vögel, die sehr empfindlich auf Störungen reagieren und sogar die Brut abbrechen. Erst wenn die Jungen geschlüpft sind, sind sie weniger empfindlich. In Anbetracht dieses Verhaltens müssen Standorte für Nistkästen sehr sorgfältig ausgewählt werden.
Eine weitere Besonderheit der Wiedehopfe ist die Abwehr von Feinden. Sowohl die adulten Tiere als auch die Jungen besitzen eine Drüse mit einem übel stinkendem Sekret, das sie bei Gefahr einem Feind entgegen spritzen. Nähert sich beispielsweise ein Marder dem Höhleneingang, so wird ihm eine Ladung dieser stinkenden Flüssigkeit ins Gesicht gespritzt. Im Umfeld der Nisthöhle gibt es daher oft einen üblen Geruch. Daher kommt wohl das Sprichwort „Du Stinkst wie ein Wiedehopf“.
Ende August verlassen uns die Wiedehopfe wieder. Sie begeben sich auf einen gefahrenvollen Zug nach Afrika, wo sie im Savannengürtel südlich der Sahara und in Ostafrika überwintern. Es kommt allerdings in den wärmer werdenden Wintern der letzten Jahre sporadisch auch zu Überwinterungen in Europa.
Im Landkreis Altötting berichtete Dr. Franz Uhl im Jahr 1926 nur von einem einzigen Brutvorkommen, nämlich in Haiming. Erstaunlicherweise wurden gerade in Haiming in den letzten Jahren immer wieder durchziehende Wiedehopfe im Frühjahr gesichtet. Eine letzte Brut fand dort wohl so um das Jahr 2000 statt. In Halsbach wurde ca. 1970 von brütenden Wiedehopfen berichtet. In den letzten Jahren häufen sich Beobachtungen von Durchzüglern, die sich vermutlich auf dem Weg nach Nordostdeutschland befinden. Auf einem landwirtschaftlichen Anwesen bei Asten wurde 2016 ein Wiedehopf-Pärchen beobachtet, das dort möglicherweise sogar gebrütet hat. In Halsbach tauchte nach 50 Jahren im Sommer 2020 wieder ein junger Wiedehopf auf. Eine weitere Beobachtung gab es in der Nähe von Emmerting und Kastl. Im gleichen Sommer hat sich ein Pärchen während der gesamten Brutzeit im Süden von Burghausen aufgehalten. Leider kam es nicht zur Brut oder ein Brutversuch wurde durch Störung abgebrochen. Es gibt also Grund zur Hoffnung, dass der Wiedehopf wieder bei uns heimisch werden kann. Wichtige Voraussetzungen sind eine verbesserte Nahrungssituation mit ausreichend Insekten und ein attraktives Angebot von natürlichen und künstlichen Nisthöhlen. Mit nur etwa 10 Brutpaaren in Bayern gilt der Wiedehopf bei uns als stark bedroht. Dementsprechend wird er in der „Rote Liste Bayern“ in der Kategorie 1 geführt, also als vom Aussterben bedroht.
Ein so auffälliger Vogel wie der Wiedehopf hat natürlich zu allen Zeiten auch die Phantasie beflügelt. Der Koran berichtet vom Wiedehopf als Botenvogel zwischen König Salomo und der Königin von Saba. Im Iran wird er daher „Salomonvogel“ genannt. Bei den Mauren in Spanien galt der Wiederhopf als König der Vögel. Der Sage nach trug er vormals eine metallene Krone. Wegen diesem wertvollen Schmuck wurde er stark verfolgt. Der weise König Salomo erkannte diesen Nachteil und verwandelte die Krone in eine aus Federn.
Allerdings wurde sein extravagantes Aussehen anderswo auch eher negativ interpretiert. In Frankreich ist „un Monsieur Huppé“ das ironische Pendant zum deutschen „ein hohes Tier“. Und in Österreich ist ein „Hopf“ so in etwa ein aufgeblasener Dummkopf, ein Angeber.
Und die Poeten hat der Wiedehopf natürlich auch inspiriert. Robert Gernhardt hat 2002 an das mögliche Aussterben des Wiedehopfs gedacht:
Was wäre wenn
Fehlte der Wiedehopf,
fehlte noch mehr:
fehlte ein steter Ruf,
fehlte ein rascher Flug,
fehlte ein lichtes Braun,
fehlte schwarz-weißes Flirr'n,
fehlte dieses
ganz einzigartig
mitreißend Fremde,
fehlte dies Anderssein …
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Holger Lundt
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