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Geologische Orgeln Oberschroffen

Die Geologischen Orgeln von Oberschroffen gehören zu einem der schönsten Geotope Bayerns und sind als Naturdenkmal geschützt.

Zu Beginn des Quartärs vor rund zweieinhalb Millionen Jahren begann das Eiszeitalter oder vielmehr ein Eiszeit-Warmzeit-Wechsel. Die Ablagerungen der oberen Süßwassermolasse wurden im Süden des Molassebeckens nördlich der Kalkalpen durch Gletschertätigkeit geköpft, so dass die eiszeitlichen Geschiebe und Gerölle früheren, etwa 12 Millionen Jahren alten tertiären Ablagerungen aufliegen. Das Molassevorland wurde wiederholt von Gletschern aus den Alpen überfahren, die dort Moränen und Schmelzwasserablagerungen von mehreren 100 m Höhe hinterließen. So wurde in der Günzeiszeit, die vor etwa 640 Tausend Jahren begann und vor 540 Tausend Jahren endete, der Eschlberg und der Hechenberg als Stirnmoräne aufgeschoben. In der anschließenden Günzwarmzeit zog sich der Gletscher wieder zurück und vor etwa 480 Tausend Jahren begann der Mindelgletscher sich nach Norden auszubreiten und überschob die Günzmoräne. Die Mindeleiszeit endete etwa vor 430 Tausend Jahren. Nach der darauffolgenden Mindel-Riss-Warmzeit begann die Risseiszeit vor etwa 240 Tausend Jahren.

Die Geologischen Orgeln von Oberschroffen entstanden während des Interglazials, der Warmzeit zwischen der Mindel- und der Risseiszeit in einem Schotterkonglomerat, wo in eindrucksvoller Weise die Formen der Klimaschwankungen der jüngeren Erdgeschichte dokumentiert sind. Auf dem dort abgelagerten Schotterkonglomerat, abgerundeter Gesteinsschutt, den die eiszeitlichen Gletscher in Form von Moränenmaterial aus den Alpen mit Schmelzwasserströmen mitgebracht hatten, bildeten sich, wie in jeder Zwischenwarmzeit, tief gründende Böden mit starker Vegetation. Grüne Pflanzen assimilieren, d.h. sie benötigen zur Zellstoffbildung Kohlendioxid, das sie der Luft entnehmen und geben dafür Sauerstoff an die Umwelt ab. Im Boden dagegen erzeugen die Pflanzen durch die Wurzelatmung Kohlendioxid, das mit Sickerwasser Kohlensäure bildet und aus den oberen kalkigen Schotterlagen Kalk, also Kalziumkarbonat herauslöst. Der herausgelöste Kalk bildet wasserlösliches Kalziumhydrogenkarbonat, die so genannte Wasserhärte, welches tiefer in den Untergrund sickert und im Laufe der Zeit zwischen Hohlräumen der Kieselsteine teilweise wieder ausfällt. Der Lösungsprozess im kalkhaltigen Konglomerat lief überwiegend an der Grenze vom Boden zum unten liegenden Gestein ab. An einzelnen Stellen, wo aufgrund einer höheren Porosität vermehrt kohlensäurehaltiges Wasser in den Untergrund einsickern konnte, verstärkte sich der Lösungsvorgang, wodurch die Porosität noch weiter erhöht wurde und sich Verwitterungsschlote, senkrechte Lösungsröhren, bildeten.

Im 19. Jahrhundert wurden bei Oberschroffen Nagelfluh-Bausteine aus diesem verfestigten Konglomerat abgebaut, die in großer Menge für Dammbauten entlang des Inns benötigt wurden. So kamen an der Steinbruchwand zapfenförmige Verwitterungsschlote mit einem Durchmesser von 50 bis 60 cm zum Vorschein. Dutzende Verwitterungsröhren, teilweise zur Hälfte angeschliffen, wurden hier freigelegt. Mit einer Höhe bis 10 m ähneln sie überdimensionalen Orgelpfeifen. Die durch den Nagelfluhabbau auf einer Breite von etwa 100 m gut sichtbaren Schlote sind als Naturdenkmal geschützt.

Erreichen kann man dieses Naturdenkmal von Unterneukirchen kommend etwa 1,2 km Richtung Burgkirchen, anschließend rechts nach Oberschroffen abbiegen und noch 1,7 km bis zu den Parkplätzen in Wetzberg, zu Fuß weiter dem Geotopwegweiser folgen bis zum ehemaligen Steinbruch.

Günter Geiß