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GEO-Tag der Artenvielfalt 30. Juni / 1. Juli 2023

Am 30. Juni und 01. Juli veranstaltete die BUND Naturschutz Kreisgruppe Altötting (BN) ihren 16. GEO-Tag in Folge.

Das ca 30 ha große Untersuchungsgebiet in Garching, unterhalb des Freibades umfasst Auwald, Halbtrockenrasen und renaturierte Brennenflächen. Ca. 3 ha davon gehören der BN-Kreisgruppe. Die Halbtrockenrasenfläche existiert seit Anfang der 2000-er Jahre, die BN-Brennenflächen wurden Anfang 2022 freigestellt und im April 2023 von einer Schulklasse mit autochthonem Saatgut eingesät (der ANA berichtete). Allerdings hatten sich bereits im Vorjahr große Bestände verschiedener Königskerzen, Natternkopf, Klappertopf u.ä. angesiedelt, sodass beim GEO-Tag die Ansaat noch weitestgehend unsichtbar war.

Am Freitagnachmittag starteten die 10 Kinder des Kinder-GEO-Tages. Das Wetter war gut und der Eifer der Kinder unerschöpflich. Die BN-Brenne am Basislager war ihr „Jagdgebiet“. Sie fingen hauptsächlich Wanzennymphen, die überwiegend nicht bestimmbar waren. Leicht bestimmbar waren aber die erwachsenen Streifenwanzen (Graphosoma lineatum).  Auch Heuschrecken, Käfer und Spinnen landeten in den Fangdöschen. Die Bestimmung erfolgte im Nachgang durch ExpertInnen. Insgesamt konnten 25 verschiedene Arten den Kindern zugeordnet werden.

Als Besonderheit des untersuchten Gebietes sind auf jeden Fall die Brennen hervorzuheben, egal ob neu geschaffen oder natürlich entstanden. Dort findet man seltene Arten wie den Kreuz-Enzian (Gentiana cruciata, RL 3), das Alpen-Leinblatt (Thesium alpinum RL V), den Edel-Gamander (Teucrium chamaedrys, RL 3), den Berg-Haarstrang (Peucedanum oreoselinum, RL V), den Schopfigen Hufeisenklee (Hippocrepis comosa, RL V), den Kiel-Lauch (Allium carinatum RL 3), das Nordische Labkraut (Galium boreale RL V), den Heide-Wacholder (Juniperus communis), das Ovalblättrige Sonnenröschen (Helianthemum ovatum, RL V) und einige weitere Arten der Roten Liste. An den schottrigen Uferböschungen und in der Au gedeihen noch größere Bestände der Lavendel-Weide (Salix elaeagnos, RL V) und als Besonderheit auch einige Sträucher des heimischen Gebirgs-Sanddorns (Hippophae rhamnoides, RL V NatEGSch), sowie einige stattliche Heidewacholder (Juniperus communis).

Leider hat sich im Bereich des Wehrs im Uferbereich, wohl ausgehend aus Gärten, die invasive Armenische Brombeere (Rubus armeniacus) angesiedelt und einen großen Bestand gebildet.

Im Ufersaum der Alz wächst an mehreren Stellen die seltene Kleinblättrige Brunnenkresse (Nasturtium microphyllum RL G). Besonders wasserpflanzenreich ist der klare Mühlbach, mit Arten wie dem Spreizenden Wasserhahnenfuß (Ranunculus circinatus, RL 3), dem Teichfaden (Zannichellia palustris, RL V), dem Durchwachsenen Laichkraut (Potamogeton perfoliatus) und dem Ährigen Tausendblatt (Myriophyllum spicatum).

Auf den ehemaligen Waldschlägen waren große Bestände der Mehligen Königskerze (Verbascum lychnitis) und der Kleinblütigen Königskerze (Verbascum thapsus) zu finden, darunter auch an einigen Stellen der Große Klappertopf (Rhinanthus angustifolius, syn serotinus, RL 3), das Echte Tausendgüldenkraut (Centaurium erythraea, RL V, BArtSchV), die Steife Wolfsmilch (Euphorbia stricta) und das Steife Barbarakraut (Barbarea stricta, RL 2).

Auffällig in den Auwäldern ist die Häufigkeit einiger neophytischer Zwergmispel-Arten (Cotoneaster dielsianus), vermutlich wurden Früchte bzw. Samen von Vögeln aus nahen Gärten verschleppt und/oder Gartenabfälle abgelagert.

Hervorzuheben ist auch das Vorkommen der Pionierbaumart Schwarzpappel (Populus nigra, RL 2) und der nicht so häufigen Berg-Ulme (Ulmus glabra, RL V).

Die Pilzexperten der AMIS um Till R. Lohmeyer waren auch dieses Jahr mit 12 Personen die größte Expertengruppe. Zwar ist der Juni für die Pilzsuche nicht sehr vielversprechend, doch die Teilnahme von Inge Rößl aus Aufham im Berchtesgadener Land sorgt als Expertin für kleine und kleinste Pilze zu jeder Jahreszeit für eine respektable Pilz-Ausbeute. So gelangten insgesamt 57 verschiedene Pilzarten in die Liste. Das Highlight war wohl der sehr seltene Berberitzen-Zitterling (Tremella exigua, RLD R). Dieser kleine, dunkel olivgrün gefärbte Pilz wächst ausschließlich an abgestorbenen Berberitzenzweige, die bereits vom Berberitzen-Kugelpilz (Cucurbitaria berberidis) befallen sind. Der Fund ist der erst dritte Nachweis in der Inn-Salzach-Region. Auch das Kirschenholz-Polsterbecherchen (Dermea cerasi) wurde erst zum erst dritten Mal im Inn-Salzach-Gebiet gefunden.

Die Vogelwelt wurde am 16.4.23 bei einer Vogelexkursion und am GEO-Tag ab 7.00 Uhr kartiert. 44 verschiedene Arten gelangten in die Liste. Darunter der streng geschützte Eisvogel (Alcedo atthis, RL3), der Mauersegler (Apus apus, RL 3), die Wasserralle (Rallus aquaticus, RL 3) und die Mehlschwalbe (Delichon urbica, RL3). Letztere flog mit vielen Rauchschwalben (Hirundo rustica) am Parkplatz des Freibades dicht über dem Mühlbach.

Bei den Schmetterlingen sah es nicht ganz so gut aus. Das kalte Frühjahr und der Regen am Untersuchungstag reduzierten die Ausbeute, sodass nur 39 Arten angetroffen wurden. Das Gebiet hat aber weit größeres Potential für diese Artengruppe. Unter den Funden war das schöne und besonders geschützte Weißbindige Wiesenvögelchen (Coenonympha arcania) das mit den vielen Weißlingen die blütenreichen Flächen besuchten. Mit dem Kokon des Veränderlichen Rotwidderchens (Zygaena ephialtes, RL 3) gelang ein bemerkenswerter Fund. Walter Sage hat das Tier daheim durchgezogen und dann bestimmt. Die Lichtturmaufstellung eine Woche nach dem GEO-Tag brachte vergleichsweise wenige Arten. Mit einem Lockstoff konnten aber 3 Exemplaren des nicht häufigen Schwarzen Ordensbands (Morma maura) angelockt werden.

Die Halbtrockenrasenfläche und die neuen Brennenflächen bieten „Spezialisten“ einen immer seltener werdenden Lebensraum. Vor allem der lückige Bewuchs des kiesigen Bodens in den neuen Flächen ist ideal für einige seltene bis sehr seltene Arten. Bei den Käfern sind da z.B. Der Flockenblumen-Distelrüssler (Larinus beckeri, RL 2) und der Deutsche Sandlaufkäfer (Cylindera germanica, RL 2) zu nennen. Bei den Heuschrecken sind das der Heidegrashüpfer (Stenobothrus lineatus, RL 3) und die vielen Nymphen der Blauflügeligen Ödlandschrecke (Oedipoda caerulescens, RL 3). Bei den Spinnen sind das z.B. der Gewöhnliche Ameisendieb (Callilepis nocturna, RL 3), das Mooskammbein (Drassyllus pumilus, RL 3), die Orangekreuzspinne (Araneus alsine, RL3) und die Gewöhnliche Tapezierspinne (Atypus affinis, RL 3). Letztere lebt in bis zu 30 cm tiefen, daumendicken Erdröhren, die mit Spinnseide ausgekleidet werden. Oberirdisch wird die Röhre mit einem bis zu 10 cm langem Fangschlauch verlängert. Die Spinnen verbringen die meiste Zeit in der Röhre und ergreifen blitzschnell Beutetiere, die über den Fangschlauch laufen.

Bei den (Wild)-Bienen dominierten die Hummeln und Honigbienen (Apis melifera). Aber auch ein paar Gelbbindige Furchenbienen (Halictus scabiosae) und ein Exemplar der nicht häufigen Schmuckbiene (Epeoloides coecutiens) wurden entdeckt. Letztere hatte sich zum Schlafen an einem Halm festgebissen und konnte so schlafend fotografiert werden. Mit 5 Libellenarten war diese Artengruppe vergleichsweise schwach vertreten.

Der viele Regen war aber für die Schnecken ideal und so konnten 13 verschiedene Arten gefunden werden. Vor allem wurden wunderschöne Exemplare der Weinbergschnecke (Helix pomatia) gefunden. Am Ufer der Alz hat Conny Hahn-Hickel die Wassertierchen untersucht und konnte 12 verschiedene Arten notieren.

Insgesamt wurden über 550 Arten in die Listen eingetragen. Eveline Merches hat einen umfangreichen Bericht erstellt, der über die Homepage der BUND Naturschutz-Kreisgruppe erreichbar ist. Sie finden ihn hier.