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30 Jahre nach Wiebke – Konzepte für einen zukunftsfähigen Waldbau

Samstag, 21.10.2023

Bei schönstem Herbstwetter fanden sich 22 Interessierte in Grünthal (südlich v. Jettenbach) vor der Kirche St. Andreas ein, um sich zum Thema Waldumbau zu informieren. Von hier fuhren alle zum eigentlichen Exkursionsort, der Schermannsöd, einem ca. 300 ha großen Walddistrikt von Graf zu Toerring-Jettenbach. Dort begrüßte Gerhard Merches, 1. Vorsitzende der BUND Naturschutz Kreisgruppe die Anwesenden und übergab dann an Forstamtmann Armin Hirt, der den Forstbetrieb in Winhöring und Jettenbach für den Grafen zu Toerring leitet. Unterstützt wurde er von seinen beiden Jägern Paul Sageder und Adi Schwab, sowie von Uli Haizinger von der Kreisgruppe Altötting-Mühldorf des Ökologischen Jagdvereins (ÖJV).

Die Schermannsöd zeichnet sich durch einen sehr wüchsigen, aber wechselfeuchten Standort mit Tendenz zur Staunässe aus. Vor Wiebke im Jahr 1990 war die Fläche ausschließlich mit Fichte bestockt, wie in den Jahren auf nahezu allen Waldflächen üblich, denn die Fichtenflächen galten als „Spardose“ des Waldbesitzers. Wiebke zeigte, aber dass die Zukunft der Fichte speziell hier angezählt war. Ein Waldumbau war notwendig und brauchte vor allem Zeit, viel Zeit und noch mehr Umsicht. Durch die wasserstauende Lehmschicht sind die Fichten zusätzlich zum Klimawandel gefährdet, weil sie zwar sehr schnell wächst, aber nicht stabil ist. Die Fichte bildet eine reine Tellerwurzel aus, sobald sie „nasse Füße“ bekommt. So führte Wiebke zu einem Verlust von 8.000 – 10.000 Festmeter Fichte und es stellte sich die Frage nach dem „Wie weitermachen? – Wieder Fichte? Oder doch besser andere Baumarten?“.  Graf zu Toerring-Jettenbach bzw. die Forstleitung entschied sich für den Waldumbau und setzte dabei in der Schermannsöd hauptsächlich auf Tanne, Eiche und Erle. Armin Hirt zeigte uns die Flächen, die exemplarisch für das Vorgehen im Laufe der Jahre stehen. In den ersten Jahren nach Wiebke mussten aber alle Jungbäume vor dem Verbiss durch Rehwild mit Zäunen geschützt werden. Der damalige Förster fütterte Rehwild in so hohem Maße, dass Futterkosten von ca. 5.000 € im Jahr anfielen. Nachdem Armin Hirt die Betreuung des Gebietes 2003 übernahm, setzte er von Anfang an auf eine Reduktion des Wildbestandes durch entsprechende Bejagung und Einstellung der Fütterungspraxis. Einmal jährlich wurde zu den üblichen Einzelabschüssen noch eine Drückjagd abgehalten. So konnte man den Jagddruck gering halten und den notwendigen Abschuss mit relativ wenig Stress für das Wild erledigen. Das war so erfolgreich, dass gerade die Tannenverjüngung nun ohne Zaun, oder anderen Verbissschutzmaßnahmen gelingt.

Da die Tanne gern im Dunklen wächst reichen wenige Tannen im Bestand für üppigen, gesunden Nachwuchs, denn die kleinen Tannen überwachsen die kleinen Fichten schnell und stehen dann konkurrenzlos da. In offenen Flächen wären die Fichten schneller.

Am ersten Haltepunkt konnten wir eine Fläche mit Jungpflanzen bewundern. Dort werden die ca. 2-3 m hohen Tannen, die aus Naturverjüngung relativ eng beieinanderstehen, auf einen Abstand von 2 m bis 2,5 m gebracht, indem man entsprechend Bäumchen rausnimmt. Dies ist nach ca. 8-10 Jahren der Fall. Die höheren Abstände führen zu höheren Stammdurchmessern und machen den Bestand stabiler gegen Windwurf.

Beim zweiten Haltepunkt waren die Bäume schon 25-30 Jahre alt. Da beginnt dann die Durchforstungsphase. Dabei werden sogenannte Bedränger entfernt und verwertet. Ca. 5 Jahre vor der ersten Durchforstung werden Rückegassen in einem Abstand von 20-25 m im Bestand angelegt. Die Randbäume bekommen durch das einfallende Licht größere Stammdurchmesser und stabilisieren so den dahinterliegenden Wald vor Windwurf.

Das erntereife „Altholz“ beim letzten Haltepunkt ist ca. 80 Jahre alt. Man sieht bereits die beiden vorhergehenden Stufen innerhalb des Bestandes. Entlang des gesamten Weges konnte die gelungene Naturverjüngung der Tanne gesehen werden und die höheren Bestände ließen das Sonnenlicht immer wieder auf den Boden. Trotz des bereits erfolgten intensiven Waldumbaus bleibt noch viel zu tun, denn die Waldfläche hier hat immer noch einen Fichtenanteil von ca. 60 %.

Unterwegs wurden viele Fragen gestellt, die Armin Hirt geduldig beantwortete. Am Ende lud einer seiner Jäger nebst Frau zu Kaffee und Kuchen ins Jägerhäusl ein, wo nochmal Wissen intensiv ausgetauscht und kritisch diskutiert werden konnte. Ein gelungener Abschluss.

Wir bedanken uns bei Armin Hirt für diesen intensiven Einblick in die Praxis des Waldumbaus im Wirtschaftswald mit all seinen Problemen gerade heute in Zeiten des Klimawandels.