Waldumbau im Zeichen des Klimawandels
Samstag, 07.09.2024, 14:00 – ca. 17:00 Uhr
Es war sehr warm am Exkursionstag, trotzdem sind 26 TeilnehmerInnen zum vereinbarten Treffpunkt gekommen und wurden von Gerhard Merches (1. Vorsitzender BUND Naturschutz, Kreisgruppe Altötting), Dr. Heinz Utschig (Leiter des Forstbetriebs Wasserburg) und seinem Stellvertreter Michael Waldherr begrüßt. Letzterer übernahm dann die fachliche Einführung. Der Klimawandel ist auch in Deutschland, Bayern und auch regional angekommen. Alle Aufzeichnungen weltweit und regional belegen das deutlich und der Wald reagiert mit Trockenstress, Käferbefall und höheren Sturm- und Schneebruchkalamitäten. Und dabei kommt unsere Region noch vergleichsweise gut weg, da gerade dieses Jahr zumindest die tiefen Bodenschichten wieder ausreichend Wasser bekommen haben. Die Prognosen der Wissenschaftler und die Zeichen, die der Wald sendet, mahnen aber zu schnellem Handeln hin zu einem klimastabileren Wald. Aber was ist ein klimastabilerer Wald? Da Bäume eine Lebenszeit von 100 bis 300 Jahren haben können, muss über solche Zeiträume gedacht und geplant werden. Im Forstbereich gibt es daher Wissenschaftler, die mögliche zukünftig geeignete Baumarten erforschen und diese den Forstbetrieben als Baumarteneignungskarten für die Planung zur Verfügung stellen.
Vor bereits 40 Jahren begann der Forstbetrieb Wasserburg mit dem Waldumbau, da machten Fichte und Kiefer noch fast 90 % des Baumbestandes aus – bis 2016 wurde er auf 64 % gesenkt. Ersatzweise kamen im wesentlichen Laubbäume wie z.B. Buche, Eiche und Elsbeere aber auch viel Tanne und Douglasie in den Wald. Während gepflanzte Bäume mit Zaun geschützt werden müssen, setzt man durch angepassten Rehwildbestand auf Naturverjüngung. Diese Pflanzen „suchen“ sich den für sie geeigneten Wuchsort selbst, bilden dort ein stabiles Wurzelsystem aus und wachsen den örtlichen Bedingungen entsprechend angepasst. Die beiden Forstleute zeigten uns im Laufe der Exkursion Bereiche, in denen der Umbau schon recht weit ist, aber auch solche, wo noch mehr getan werden muss. Aber Waldumbau braucht Zeit, viel Zeit und Ereignisse, wie der Schneebruch im letzten Winter und das nun massive Auftreten des Borkenkäfers fordert alle verfügbaren Kräfte.
Am Holz-Polter am Wegesrand lagen viele Käferholzstämme, die nun möglichst schnell aus dem Wald müssen. Entweder sofort ins Sägewerk oder in ein Nasslager. Sonst droht ein Befall der noch gesunden Bäume. Wenn Käferbefall an einem Baum entdeckt wird, bleiben dem Forst maximal 6 Wochen um zu reagieren. Um Käferbefall überhaupt erkennen zu können, müssen einzelne, geschulte Personen die Flächen regelmäßig abgehen und auf Bohrmehl und –löcher achten. Da bittet Herr Waldherr für den Forstbetrieb um Mithilfe. Wer Zeit und Lust hat, sich einarbeiten zu lassen, darf sich gerne unter info-wasserburg@baysf.de an ihn wenden. Eine Entlohnung im Minijob-Bereich sei möglich.
An einem Haltepunkt unserer Exkursion war der Waldboden flächig bemoost und hatte viel Lichteinfall. Hier wurden einzelne Bäume entnommen und im Moos zeigten sich die ersten Buchen und Tannen in der Naturverjüngung. Durch die Beschirmung der noch stehenden Altbäume können sich die Jungbäumchen (teilweise nur 10 cm hoch) optimal entwickeln. Damit Rehe sie nicht anfressen, werden sie mit einem biologischem Spray auf Schaf-Fett-Basis besprüht, was die Pflanzen weiß erscheinen lässt. Das ist zwar recht aufwändig, aber es hilft. Hier stehen aber auch sogenannte Zukunftsbäume, also Bäume, die zukünftig geerntet werden sollen. Diese haben nun Platz und können so ungehindert wachsen. Sind die jungen Bäume dann so alt, dass sie mehr Licht und Platz brauchen, wird der Altbaum entnommen und wirtschaftlich genutzt. Die wirtschaftliche Nutzung war unterwegs auch immer wieder ein Thema – wird dem Forst doch manchmal vorgeworfen, rein profitorientiert zu arbeiten, ohne Rücksicht auf die Natur. Beide Vertreter des Forstbetriebs konnten sehr eindrücklich belegen, dass das nicht der Fall ist. So steht eine vermutlich über 200 Jahre alte Kiefer von wunderbarem Wuchs (auch aus wirtschaftlicher Sicht) gut erreichbar in der Nähe des Waldweges. Und dort bleibt sie auch, denn auch der Forst sieht den inmateriellen Wert solcher „Baumhelden“ und lassen sie stehen. Die Krause Glucke, die an ihrem Stamm wächst findet das gut 😉. Zudem gibt es neben viel Totholz auch 4,8 Biotopbäume je ha Wald.Trotzdem werden neben Käfer-, Windwurf- und Schneebruchholz auch Bäume geerntet, aber nicht mehr Festmeter, als jährlich nachwachsen. Der Verkauf von Bauholz, Brennholz u.ä. finanziert aber ausschließlich den Waldumbau, sollten mal Gewinne anfallen (was durchaus vorkommt) wird das Geld in einen Waldumbaufonds angelegt, damit auch in „mageren“ Jahren für den Wald gearbeitet werden kann.
Natürlich kamen auch die geplanten Windräder zur Sprache. Dr. Heinz Utschig veranschaulichte z.B. den Flächenbedarf, den so ein Windrad benötigen wird. Zeigte aber auch gleich auf, dass zwar tatsächlich lange, schmale baumfreie Flächen entstehen, die aber so ausgerichtet sind, dass der angrenzende Wald kaum Schaden nehmen wird. Wenn das Rad dann steht, werden dort Waldsaum und artenreiche Wiesen angelegt. Beispiele, z.B. aus dem Ebersberger Forst, zeigen, dass die Artenvielfalt davon immens profitiert. Das werden wir vom BUND Naturschutz natürlich im Auge behalten.
Für den BUND Naturschutz und dem Forstbetrieb ist aber eines klar: entweder wir Menschen schaffen die Energiewende und verlangsamen den Klimawandel oder wir verlieren den Wettlauf und damit auch den Wald.
Um die Exkursion positiv enden zu lassen, führten uns Michael Waldherr und Dr. Heinz Utschig in eine Fläche in der anscheinend bislang alles richtig gemacht wurde. Dort gab es eine gute Durchmischung von Laub- und Nadelholz, sowie Altbäume und bereits in der sogenannten „Mittelschicht“ befindliche Jungbäume (ca. 3-5 m hoch). Zusammen mit der Naturverjüngung hat diese Fläche alle derzeit denkbaren Voraussetzungen dem Klimawandel zu trotzen.
Die TeilnehmerInnen hatten viele, interessierte Fragen, die alle sehr kompetent und auch selbstkritisch beantwortet wurden, dadurch verlängerte sich die Exkursion zwar um eine Stunde, aber das war es wert. Allen ist wohl klar geworden, unter welchem Zeitdruck die Mitarbeiter des Forstbetriebes stehen, um den Folgen des stattfindenden Klimawandels, mit einem notwendigen Waldumbau möglichst einen Schritt voraus zu sein.
Wir bedanken uns ganz herzlich bei Dr. Heinz Utschig und Michael Waldherr für diesen überaus lehrreichen Einblick im „Grünen Hörsaal“ bei Schützing.