Kiebitz in Sicht
Sa, 12.04.25, 14.00 Uhr - ca. 16.00 Uhr
Zehn TeilnehmerInnen trafen bei bestem Wetter am Treffpunkt in Pirach ein. Nach kurzer Weiterfahrt erreichten wir den eigentlichen Ausgangspunkt, von wo wir zu Fuß zu dem Brutgebiet der Kiebitze gelangten. Um die Vögel nicht zu stören, beobachteten wir diese aus sicherer Entfernung mit unseren Ferngläsern und einem Spektiv. Zehn Kiebitze, also fünf Brutpaare, konnten wir auf den Äckern beobachten.
Früher waren Kiebitze weitverbreitet und aufgrund ihres auffälligen Aussehens und Verhaltens vielen bekannt. Noch vor etwa 30 Jahren hörte man sein markantes „Ki-witt“ fast überall auf Deutschlands Wiesen und Feldern. Jedoch sind die Bestände in vielen Gegenden massiv zurückgegangen, insbesondere durch die Trockenlegung von Feuchtwiesen, eine intensivere Landnutzung und erhöhtem Prädationsdruck. Zwischen 1992 und 2016 ist nach Angaben des Dachverbands Deutscher Avifaunisten der Bestand in Deutschland um 88 Prozent zurückgegangen – der Kiebitz steht nun als stark gefährdete Art in der Roten Liste. Dieses Schicksal teilt er mit anderen Feld- und Wiesenbrütern wie Feldlerche, Rebhuhn, Braunkehlchen oder Brachvogel, deren Populationen ebenfalls stark eingebrochen sind.
Der etwa taubengroße Kiebitz (Vanellus vanellus), mit seinem metallisch schimmernden Gefieder und der auffälligen Federhaube, kommt in Südostbayern vor allem in den Landkreisen Altötting, Rosenheim und Traunstein vor. In diesen Landkreisen gibt es seit 2019 ein vom Bayerischen Naturschutzfond finanziertes BayernNetzNatur-Projekt mit dem Titel „Netzwerke für den Kiebitz“. Ansprechpartner im Landkreis Altötting ist hierfür Michael Stiegler vom Landschaftspflegeverband Altötting e.V., der uns alles Wissenswerte über den Kiebitz, seine Gefährdung und den Schutz erzählte.
Kiebitze bevorzugen offene, flache Landschaften mit wenig Bewuchs, die sie gut überblicken können. Ursprünglich waren sie meist auf Feuchtwiesen zu finden – nun als Kulturfolger überwiegend in der Agrarlandschaft. Das Brutgeschäft beginnt bereits Mitte März und kann bis Juli andauern. Auf den Äckern legt der Kiebitz flache Nestmulden an, in die meist vier grünlich-braune Eier mit schwarzen Flecken gelegt werden. Nach 26-29 Tagen schlüpfen die Küken und brauchen ca. 35 bis 40 Tage bis zur Flugfähigkeit. Im Herbst ziehen sie nach Frankreich oder Spanien in ihr Wintergebiet.
Um Verluste der Gelege auf Ackerflächen zu vermeiden, markieren Michael Stiegler und zahlreiche Ehrenamtliche diese mit Bambusstecken. So können die Nester bei der Bewirtschaftung berücksichtigt und weiter bebrütet werden. Als Anerkennung für das Engagement der Landwirte erhalten diese für jedes geschützte Nest eine Prämie von 50 €, je zur Hälfte von dem Landkreis sowie der Gemeinde finanziert. Im letzten Jahr konnten so 87 Gelege im Landkreis Altötting geschützt werden. Kiebitze können sehr alt werden, in seltenen Fällen über 30 Jahre, und kehren gerne in die altbekannten Brutgebiete zurück. Jedoch erscheint die Besetzung einiger Brutgebiete recht dynamisch: In den letzten Jahren wurden im nördlichen Landkreis einige Gebiete verlassen, während im südlichen Landkreis noch viele Kiebitze brüten.
Für die Kiebitze muss das Umfeld im Brutgebiet stimmen. Neben geeigneten Nistplätzen muss genügend Nahrung und Wasser verfügbar sein – und möglichst wenig Prädatoren (z.B. Füchse), die den Nestern und Küken zu schaffen machen. Ackerbrachen etwa bieten den Küken Rückzugsmöglichkeiten und Feuchtstellen dienen der Nahrungsaufnahme. Doch neben dem Kiebitz wissen auch andere Vogelarten solche Strukturen zu schätzen, etwa Bekassinen, Waldwasserläufer oder Flussregenpfeifer.
Wir bedanken uns ganz herzlich bei Michael Stiegler vom Landschaftspflegeverband für diesen sehr informativen Nachmittag! Gerne hat er sein beachtliches Wissen mit uns geteilt. Harry Wirth aus Kastl hat trotz der großen Distanz einige recht gute Fotos machen können, die er für diesen Bericht zur Verfügung gestellt hat. Dafür danken wir ihm ganz besonders!






